Ein Kommentar von Stephan Steinlein

Der Bürgermeister: abgedankt. Die Schulreform: abgelehnt. Jetzt ist es an Schwarz-Grün, sofern die Koalition weiter besteht, den schulpolitischen Scherbenhaufen zusammenzufegen und den Glaubenskampf um eine nicht legitimierte Primarschule zu beenden. Es geht dabei um mehr als nur um Schadenbegrenzung. Der Senat muss das Votum der Hamburger akzeptieren und engagiert umsetzen. Einen "Schulfrieden" wird es nur geben, wenn die neue Landesregierung die Niederlage anerkennt und als fairer Verlierer Lernfähigkeit zeigt.

Erinnern wir uns. Kein Hamburger hat bei der Bürgerschaftswahl 2008 für oder gegen die Primarschule gestimmt. Abgestimmt wurde über Parteien und Programme. Und in keinem Wahlprogramm kam eine Primarschule vor, vielmehr war sie der kleinste gemeinsame bildungspolitische Nenner von Schwarz und Grün. Mit der Unterschrift unter den Koalitionsvertrag hat die CDU um Ole von Beust einen hohen Preis gezahlt, den der tiefen Verunsicherung und Empörung der eigenen Klientel, aus der sich eine Bürgerbewegung bildete, die letztendlich einen amtsmüden Bürgermeister mit den Job kostete.

Der Volksentscheid hat zwei große Gewinner: Zum einen ist da die Volksinitiative. Sie, nicht nur getragen vom "Geldadel" der Elbvororte, sondern von einer bürgerlichen Mehrheit, hat trotz einstimmigen Beschlusses der Bürgerschaft die Schulreform gestoppt. Auch schon vor dem Urnengang hatte sie viel erreicht. Es gibt kleinere Klassen, mehr Lehrer, Unterricht, der stärker auf die Bedürfnisse der Schüler eingeht. Der zweite Gewinner ist die direkte Demokratie. Die Hamburger haben mit ihrem Votum bürgerschaftlich-politisches Engagement abseits des Parlaments gezeigt.

Auf der Verliererseite steht eine große Minderheit. Häme aufseiten der Sieger ist nicht angebracht. Vielleicht haben die Wahlverlierer das bessere Konzept, das Chancengleichheit für alle Kinder bietet und eine zeitgemäßere schulische Ausbildung. Vielleicht. Sicher aber ist: Die Mehrheit der Hamburger will das Konzept nicht. Jetzt braucht die Stadt Ruhe an der "Schulfront".