Rudolf (17) geht am 1. Juli zur Bundeswehr. Er hat sich für acht Jahre als Soldat verpflichtet.

Früher, als Rudolf noch zur Hauptschule ging, hat er sich immer gefragt, wie es wohl bei der Bundeswehr ist. Morgens, im Deutschunterricht, hat er sich oft ausgemalt, zum Bund zu gehen und Pilot zu werden. Nachmittags, wenn er mit seinen Freunden im Wald Softair spielte und Kriegsgefechte simulierte, hat er sich immer gewünscht, mit echten Waffen zu kämpfen.

Heute wünscht er sich das noch immer. Und bald ist es so weit. Am 1. Juli geht Rudolf zur Bundeswehr. Für voraussichtlich acht Jahre.

"Das ist das, was ich immer machen wollte", sagt Rudolf. "Davon konnte mich nichts abbringen." Nicht die Angst seiner Mutter. Nicht der Nachhilfeunterricht, damit er die Hauptschule schafft. Und nicht die Paukerei auf der Berufsfachschule für Wirtschaft und Verwaltung, die Rudolf die vergangenen zwei Jahre besucht hat - und die von Anfang an zu schwer für ihn war.

Die meisten in seiner Klasse sind vorher auf die Realschule gegangen und waren im Lernstoff viel weiter als Rudolf. Vor allem in Englisch. Darin hatte Rudolf zuletzt eine Fünf minus.

Ob er den Abschluss trotzdem schafft? Er zuckt mit den Schultern. Das Ergebnis bekommt er erst nächste Woche. "Das Wichtigste ist, dass ich zum Bund kann." So wie sein Bruder Andrion. Er ist Rudolfs Vorbild, hat sich ebenfalls verpflichtet.

Früher, als Rudolf gerade auf die neue Schule gekommen war, hat er sich immer vorgestellt, später mal zum KSK zu gehen. Zu dem Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr. Den Spezialkräften, die für die Terrorismusbekämpfung und Evakuierung zuständig sind. Die einfach cool sind. Findet Rudolph.

Aber das kann er nur, wenn er seinen Abschluss schafft. Wenn er am 1. Juli zur Bundeswehr geht, fängt er erst einmal bei der Marine an. "Weil die hier in der Nähe ist und man gute Zuschläge bekommt", sagt er. Und weil die Marine auch eine Spezialeinheit hat. Eine Elite. Minentaucher, Kampfschwimmer und Boardingsoldaten. "Die bekämpfen Piraten und so", sagt Rudolf.

Er will keiner wie alle sein. Kein Berufssoldat wie andere. Er will etwas Besonderes sein. Etwas Besonderes leisten. Jetzt. Endlich! Nachdem es in der Schule nie geklappt hat. Zum Softair geht er nicht mehr. Warum noch mit Plastikgeschossen spielen, wenn er bald echte Waffen in den Händen halten wird. Das echte Leben kennenlernt. In einer Uniform der Bundeswehr.

Er ist der einzige der vier Jugendlichen, die das Abendblatt begleitet hatte, der sich nie als Migrant gefühlt hat oder als Ausländer. Ihm war es egal, dass seine Mutter Brasilianerin mit holländischen Großeltern ist, sein Vater Deutscher mit polnischen Wurzeln. Er hat nie polnisch oder portugiesisch gesprochen. Immer nur deutsch. Weil er sich immer als Deutscher gefühlt hat.