Betrunkene Jugendliche prügeln einen Mann in einer Harburger Unterführung krankenhausreif. Vieles erinnert an den “20-Cent-Fall“.

Hamburg. Es war reine Willkür. Zwei betrunkene Jugendliche haben gestern einen 42 Jahre alten Mann in einem Harburger Fußgängertunnel vom Rad gestoßen und anschließend mit Schlägen und Tritten schwer verletzt. Mutige Zeugen gingen schließlich dazwischen und verhinderten wahrscheinlich Schlimmeres. Die 17 und 18 Jahre alten Täter kamen nicht weit. Die Polizei nahm sie fest.

Das Duo hatte vor der Tat reichlich getrunken. Bei der späteren Überprüfung wurde festgestellt, dass der 17-jährige Mesut S. 1,33 Promille Alkohol im Blut hatte. Bei seinem Komplizen Zana D., 18, wurde ein Wert von 3,18 Promille gemessen. Da die Täter nicht freiwillig in eine Blutprobenentnahme eingewilligt hatten, ordnete ein Richter diese noch in der Nacht an.

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Derart betrunken waren die Jugendlichen in der Nacht zum Sonntag in Harburg unterwegs. Zeugen berichteten der Polizei, dass sie in dem Tunnel zwischen Neue Straße und der Straße Karnapp den 42-Jährigen angegriffen haben. Dabei soll vor allem der 17-Jährige besonders brutal gewesen sein. Er habe immer wieder auf den am Boden liegenden Mann eingetreten, auch gegen dessen Kopf. Deshalb stellte die Polizei nach der Festnahme die Turnschuhe des Täters sicher, um Spuren sichern zu können.

Passanten, die Zeugen des Angriffs wurden, griffen laut Polizei auch "beherzt" ein. Sie drängten die Täter weg und holten sofort Hilfe, weshalb die beiden Verdächtigen noch in der Nähe des Tatorts festgenommen werden konnten. Unterdessen kam das Opfer mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus. Der Mann erlitt mehrere Knochenbrüche im Gesicht. Außerdem besteht der Verdacht einer Hirnblutung. Wegen der möglichen lebensgefährlichen Folgen, liegt der Mann auf der Intensivstation.

Bei den beiden Festgenommenen handelt es sich zwar nicht um Intensivtäter, dennoch sind sie bereits polizeibekannt. So ist Mesut S. in der Vergangenheit wegen eines Drogendelikts aufgefallen. Zana D. hatte sich bereits eine Schlägerei auf St. Pauli geliefert. Gegen ihn wurde wegen einer Körperverletzung ermittelt.

Nachdem die Polizei die Spuren gesichert und Blutproben entnommen hatte, wurden die beiden Jugendlichen wieder auf freien Fuß gesetzt. Gegen sie liegen laut Polizei keine Haftgründe vor. Wie sich die Alkoholwerte auf das mögliche Urteil auswirken, wird der anstehende Prozess zeigen.

Dieser jüngste Gewaltexzess erinnert an einen tragischen Fall, der sich vor fast genau einem Jahr nur wenige Hundert Meter entfernt im Tunnel am Harburger Bahnhof ereignet hat. Im sogenannten "20-Cent-Fall" schlugen zwei damals 17-Jährige auf einen 44 Jahre alten Mann ein. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass sie ihn mit Vorsatz nach 20 Cent anbettelten, um ihn anschließend zu schlagen. Auch sie traten immer wieder gegen den Kopf des Mannes. Von seinen schweren Verletzungen erholte sich das Opfer nicht mehr. Wenige Wochen nach der Tat starb es. Die Täter sind der Polizei seit Langem als Gewalttäter bekannt.

Derzeit läuft der Prozess gegen die beiden. Allerdings wurde der Haftbefehl gegen sie wieder aufgehoben. Da die Angeklagten bereits länger als sechs Monate in Untersuchungshaft saßen und die erste Hauptverhandlung aufgrund der Vulkanaschewolke geplatzt war, sind die beiden wieder auf freiem Fuß. Ein Umstand, der für große Empörung in der Öffentlichkeit gesorgt hat.

Für öffentliches Aufsehen in den vergangenen Monaten sorgt ohnehin eine Reihe von gewalttätigen Übergriffen von Jugendlichen. Zuletzt hatte der 16 Jahre alte Elias A. den 19 Jahre alten Mel D. am Bahnhof Jungfernstieg erstochen. Er wurde als Intensivtäter bei der Polizei geführt, war seit seinem zehnten Lebensjahr mit 20 Straftaten polizeilich aktenkundig.

In allen Fällen wurde auch über die Wirksamkeit von Senatsprogrammen gegen Jugendgewalt diskutiert. Immer wieder kam heraus, dass junge Täter spät in die Programme aufgenommen wurden oder Verhandlungen erst lange nach den Taten begannen.