Personelle Engpässe sorgen für längere Wartezeiten. Gewerkschaft kritisiert Konzept.

Alsterdorf. Der Brief, der am 5.August in der Innenbehörde einging, war direkt an den „werten Genossen Neumann“ gerichtet – und der Inhalt ist für den Innensenator unerfreulich. Es ging um einen Anruf unter der Notrufnummer 110. „Ich durfte etwa 30 Sekunden die Durchsage der Polizei Hamburg, bitte nicht aufzulegen, mehrfach vernehmen“, heißt es in dem Schreiben des SPD-Parteimitglieds. Erst dann habe sich ein Polizeibeamter gemeldet. Kollegen hätten, so der Briefschreiber, ihm berichtet, dass er mit 30 Sekunden noch schnell bedient worden sei. „Man mag sich nicht ausdenken, wenn ein Mensch in großer Not ist, und dann mit einem Ansageautomaten hingehalten wird“, findet der Briefschreiber. Das sei nicht hinnehmbar.

Schnelle Abhilfe ist nicht in Sicht – eine Ausbildung dauert drei Monate

Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), kennt die Problematik. „Es sind mir Fälle bekannt, da hat es bis zu zwei Minuten gedauert, bevor über die Notrufleitung jemand erreicht wurde“, sagt Lenders. Und den Grund kennt er auch. „Die Einsatzzentrale der Hamburger Polizei ist unterbesetzt.“ Schon jetzt würden – und das treibt dem Gewerkschafter die Zornesröte ins Gesicht – die Mitarbeiter der Polizei-Einsatzzentrale (PEZ) von Haus aus deutlich mehr Stunden arbeiten, als es der Dienstherr vorsieht. „Die Regelarbeitszeit beträgt 176 Stunden im Monat“, sagt Lenders. Tatsäch ich müssen Beamte laut Dienstplan 195 oder sogar 205 im Monat ableisten. Auch Teilzeitkräfte sind betroffen. „Das kann es ja nicht sein“, findet Lenders. „Gerade die PEZ ist ein Bereich, der klar definiert ist und bei dem es eigentlich keine Überraschungen, auch nicht bei Krankheit und Urlaub von Kollegen, geben kann. So etwas muss von vornherein berücksichtigt werden.“ Schnelle Abhilfe ist nicht in Sicht. „In dem Bereich kann man nicht einfach Beamte aus anderen Bereichen als Aushilfe einsetzen“, weiß Lenders. Eine Ausbildung für die Arbeit in der PEZ dauert drei Monate.

Laut Polizei sind Wartezeiten von 30 Sekunden die absolute Ausnahme. „Basierend auf der Tatsache, dass den Mitarbeitern die attraktiven Ferienmonate des Jahres optimal gewährt werden können, hat die Polizeieinsatzzentrale die möglichst höchste, mitarbeiterfreundliche Urlaubsquote ausgeschöpft“, so Andreas Schöpflin von der Polizeipressestelle. „Darüber hinausgehende, aus verschiedensten Gründen verursachte personelle Ausfälle, die nicht vorhersehbar waren, können zu einer temporären Mehrbelastung einzelner Mitarbeiter führen, die jedoch absehbar in den folgenden Wochen und Monaten abgebaut werden kann.“

Das mag Lenders nicht glauben. „Das ist ein Problem, das nicht neu ist, sondern sich seit dem Frühjahr immer weiter zugespitzt hat.“