Mehr als die Hälfte aller Täter werden nicht gefasst. Vor allem Einbrecher entkommen. Hamburger Polizei beklagt Personalprobleme.

Hamburg/Berlin. Die Chancen, einen Straftäter zu überführen, sind nirgendwo in Deutschland so schlecht wie in Hamburg. Bei 46,2 Prozent liegt die Aufklärungsquote von Verbrechen in der Hansestadt, die damit bundesweit den letzten Platz belegt. Der Bundesdurchschnitt beträgt 56 Prozent. Auch Berlin liegt mit einer Aufklärungsquote von 48,4 Prozent noch vor Hamburg. Diese Zahlen, die dem Abendblatt aus Sicherheitskreisen vorliegen, wird Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) heute bei der Präsentation der Polizeilichen Kriminalstatistik vorstellen.

Auch die Aufklärungsquote bei den Raub-Straftaten ist mit 40,7 Prozent in Hamburg vergleichsweise niedrig. Bundesweit liegt hier der Durchschnitt bei 52,6 Prozent. Nur Berlin steht mit 38,8 Prozent aufgeklärten Raub-Fällen schlechter da als die Hansestadt.

Für Joachim Lenders, Hamburgs Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), sind die besorgniserregenden Zahlen eine Folge der "fehlenden Präsenz auf der Straße". Er kritisiert: "Wir verkommen zu einer reinen Notruf-Polizei. Wenn wir gerufen werden, kommen wir, aber wichtige Streifenfahrten gibt es wegen des eklatanten Personalproblems kaum mehr." Er fordert vom neuen SPD-geführten Senat, die angekündigte Einstellungsoffensive zügig umzusetzen.

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel sieht die Verantwortung für die Entwicklung beim Vorgänger-Senat. "Auch das ist Teil der Schlussbilanz der CDU-Innenpolitik. Es wird unsere Aufgabe sein, dafür zu sorgen, die Rahmenbedingungen für polizeiliche Ermittlungsarbeit so zu verbessern, dass die Aufklärungsquote bei Straftaten steigt." Die Quote liegt in der Hansestadt seit vielen Jahren unter 50 Prozent. Im Jahr 2002 betrug sie 42,8 Prozent, dann stieg sie bis auf 47,7 Prozent im Jahr 2009, bevor sie jetzt wieder sank.

Schlecht ist Hamburgs Bilanz auch bei den Einbruchs-Straftaten. Das Risiko für die Bewohner, Opfer von Einbrechern zu werden, ist - wie vor wenigen Tagen bekannt wurde - in der Hansestadt am zweithöchsten in Deutschland. Pro 10.000 Einwohner werden 42 Wohnungseinbrüche gezählt. Zum Vergleich: In Bremen sind es 44 Einbrüche, in Berlin 25 und in Bayern nur vier Einbrüche pro 10.000 Einwohner.

Ohnehin hat Hamburg bei Einbruchsdelikten seit 2006 steigende Zahlen zu vermelden. Vor fünf Jahren wies die Polizeistatistik hier 4733 Taten aus. 2010 waren es schon 7536 Einbrüche - ein Plus von fast 60 Prozent. Verantwortlich für einen bedeutenden Teil der Taten sind reisende und hoch organisierte Banden. Hamburg ist wegen der guten Infrastruktur bei solchen Verbrechergruppen beliebt. Die Autobahnnetze und der öffentliche Nahverkehr bieten gute Fluchtmöglichkeiten. Da die Täter nur für kurze Zeit in der Stadt sind, ist auch die Aufklärung von Einbrüchen schwierig.

Laut Polizeisprecher Mirko Streiber sind vor allem die hohen Einbruchszahlen für die schlechte Gesamtquote bei der Aufklärung verantwortlich. "Es ist allerdings auch schwierig, Zahlen von Flächenstaaten mit Stadtstaaten zu vergleichen", sagt Streiber. Er verweist darauf, dass die Wahrscheinlichkeit, in Hamburg Opfer einer Straftat zu werden, geringer sei als in anderen Metropolen. Umgerechnet 1266 Verbrechen pro 10 000 Einwohner habe es im Jahr 2010 in der Hansestadt gegeben. In Frankfurt (1597), Berlin (1379) und Bremen (1349) lag diese Zahl höher.