Der Hamburger Extremsegler Jörg Riechers wagt das Abenteuer Barcelona World Race. Die Teilnehmer sind nonstop unterwegs.

Hamburg. 90 Tage auf See. Nichts als Wind und Wellen. Und extrem harte körperliche Arbeit. Der Hamburger Jörg Riechers wagt dieses Abenteuer und startet an Silvester zusammen mit dem Franzosen Sébastien Audigane als Teilnehmer des Barcelona World Race – als einziger Deutscher. Die Wettfahrt ist eine der härtesten Regatten und geht in 25.000 Seemeilen (entspricht rund 40.000 Kilometer) einmal um die ganze Welt.

Dabei sah es lange Zeit nicht gut für die Kampagne des Extremseglers aus. Ein Hauptsponsor fehlte, nachdem der „Mare“-Verleger Nikolaus Gelpke im Frühjahr seine Unterstützung für Riechers und sein Projekt beenden musste. Erst jetzt, kurz vor dem Startschuss, konnte der Hamburger verkünden, dass seine Kampagne dank des Autoherstellers Renault gesichert ist. Riechers zeigte sich so auch sichtlich glücklich: „Es ist unglaublich, dass Renault uns unterstützt und den Weitblick für diesen innovativen und schönen Segelsport erkennt“, sagt er kurz vor dem Start. Nun heißt das Schiff des deutsch-französischen Duos, eine open 60, „Renault Captur“. Glücklicherweise, so Riechers weiter, habe Renault bereits vor einigen Monaten die Bereitschaft signalisiert. „So konnten wir das Rennen vorbereiten. Denn ohne einen Hauptsponsor wäre die Teilnahme an einer solch aufwendigen Veranstaltung einfach nicht möglich gewesen.“

Riechers ist einer der erfolgreichsten Hochseesegler Deutschlands. Die Leidenschaft für den Segelsport hat der Hamburger von seinem Vater geerbt. Der nahm ihn mit an Bord, segelte sogar gemeinsam mit ihm Regatten. Es folgten erfolgreiche Jahre in den Klassen Laser und J24 – bis zum Vizeeuropameister schaffte Riechers es in der J24-Klasse. Ganz in das Profigeschäft einzusteigen plante er allerdings eigentlich nicht. Nach dem Abitur studierte er erst einmal Betriebswirtschaftslehre und baute mit seinem Bruder ein Internetunternehmen auf. Doch der Regattakalender wurde immer voller. „Ich musste mich irgendwann entscheiden“, so der 46-Jährige. Das Unternehmen gibt es noch, „mittlerweile führt mein Bruder es aber allein“. Kein Wunder bei dem Segelpensum, das Riechers in den vergangenen Jahren bestritten hat.

Gerade absolvierten er und Audigane auf dem Überführungstörn von der französischen Atlantikküste nach Barcelona ihre 1500 Seemeilen lange Qualifikation für die harte Regatta. „Wir hatten Winde bis über 35 Knoten und konnten unser Boot dabei mal richtig testen. Alles an Bord macht einen sehr stabilen Eindruck, wir fühlten uns immer sicher, und waren dabei schnell unterwegs“, so Riechers hinterher. Er sei zuversichtlich, das Rennen erfolgreich beenden zu können.

Denn die Regatta ist eine Herausforderung für Mensch und Material. Rund 90 Tage wird das Rennen etwa dauern. 90 Tage lang werden die beiden Männer extrem aufeinander angewiesen sein. Sich blind verstehen müssen und gegenseitig unterstützen. „Man muss sich auf so einer langen Route von über 40.000 Kilometer gut verstehen und auch seinen Humor bewahren“, sagt so auch Audigane über die Herausforderung. Viele Tage lang werden sie nichts sehen außer Meer und Wellen. Nur das Satelliten-Telefon und Videos, die die Segler von Bord senden werden, können ihnen zumindest ein bisschen das Gefühl vermitteln, nicht ganz allein auf der Welt zu sein.

Respekt hat Riechers vor allem vor dem Südpazifik. „Dort segele ich zum ersten Mal“, sagt er schlicht. „Und es ist immer windig mit großen Wellen. Eine echte Herausforderung.“ Für ihn, so Riechers, sei es aber gleichzeitig die perfekte Vorbereitung auf sein nächstes großes Ziel, die Teilnahme als erster Deutscher an der Vendée Globe 2016. „Da kann ich jetzt mal sehen, wie das so ist, bevor ich da allein durch muss“, sagt Riechers. Denn letztlich ist das Barcelona World nur ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu dieser Regatta, auf die er seit vielen Jahren hinarbeitet. Einer Einhandregatta einmal um die Welt. „Und mittlerweile sieht es wirklich gut aus“, so Riechers. „Sogar mit einigen möglichen Hauptsponsoren sind wir bereits in Gesprächen.“

Trotz der vielen Wettfahrten und Trainings schafft der gebürtige Hamburger es immer wieder, zu seiner Freundin nach Hamburg zu kommen. Gerade war er über die Feiertage in der Hansestadt. „Ich versuche, so viel wie möglich in der Stadt zu sein“, sagt er schlicht über die Tage bei der Familie. Denn die unterstütze ihn, wo sie könne. Angst, so sagt es zumindest Riechers, haben sie nicht vor den 90 Tagen auf See. „Alle freuen sich, dass es nun doch noch geklappt hat.“ Am allermeisten aber natürlich er selbst.