Unternehmer Hanns Ostmeier aus Hetlingen überquert mit seiner Crew auf einer Hightech-Hochseeyacht in ungewöhnlich schneller Zeit den Atlantik

Für die Segelcrew aus dem Kreis Pinneberg und Hamburg geht die Reise von Hetlingen mit dem Flugzeug zunächst nach New York. „Vor zwei Jahren haben wir an der Transatlantik-Regatta teilgenommen, nun müssen wir unsere Yacht nach Wedel zurücksegeln“, sagt Kapitän Ostmeier. Vorab war noch eine komplette Überholung der edlen Hochseeyacht notwendig, um optimale Bedingungen für die inzwischen abgeschlossene Regatta (Newport Bermuda Race) und der aktuell laufenden Rückkehr über den Atlantik zu schaffen. Bei der Race war den Hetlingern ein Überraschungserfolg gelungen.

Der Boss an Bord der „High Yield“ ist Hanns Ostmeier, 54, aus der Gemeinde Hetlingen. Ein Unternehmer, ein Abenteurer der ursprünglichen Art, entschlossen, zielorientiert, belastbar und vor allem körperlich fit. Er erfüllt sich mit der Yacht einen Lebenstraum. Der Schiffstyp: Elegantes Design, hochwertiges Material voller Power und mit raffinierter Technik ausgestattet, um auf den Weltmeeren anderen Schiffen im Regattafeld vorauszusein.

Ausgetragen wird die Hochseeregatta mit einem Zehnerteam von Newport (nördlich von New York) Richtung Bermuda-Inseln, wo das Teufelsdreieck droht. Ein allgemein gefürchtetes Seegebiet, das im westlichen Bereich des Atlantiks und nördlich in der Karibik liegt. Viele Schiffe sind hier verschwunden, Kompassnadeln spielen verrückt. Bei dieser weltweit ältesten Hochseeregatta, der ‚Newport Bermuda Race’, treten Hochsee-Yachten und Amateur-Crews gegeneinander an. Erstmalig wurde das Rennen im Jahre 1903 ausgetragen. Bei zahlreichen Fachleuten stieß die Durchführung seinerzeit auf große Skepsis. Yachteigner Ostmeier: „Besonders erstaunt war man dann, als sämtliche Boote sicher ankamen und eine Frau als Skipperin das erste Rennen vor 111 Jahren gewann.“

Für diese Regatta überprüft Skipper Ostmeier jedes Gewicht, selbst Kopfkissen. Ganz harte Hunde der Szene ernähren sich mit Astronautenkost und schlafen in Hängematten. Lachend erklärt Käpt’n-Sohn Niels Ostmeier, Medizinstudent: „Zum Glück müssen wir nicht über die Waage laufen. Bei uns ist Idealismus gefragt, Dosenfutter ist bei der Regatta Trumpf.“

Bleibt genügend Zeit, wird auf einem frei schwebenden Herd, der sich dem Wellengang anpasst, gekocht. Vater Ostmeier: „Schönwetter können wir bei uns an Deck nicht buchen. Kleidungssachen sind sparsam und auf Funktion eingepackt, die sechs verschiedenen Segelsäcke brauchen Platz und haben Vorrang.“

Mut, Improvisation und Verzicht sind das Thema im Team. Das Platzangebot ist klein, Freiräume bleiben für mindestens sechs Wochen ein unerfüllbarer Wunsch. Zusammenleben auf kleinstem Raum, das kann für viele ein Problem werden. Aber Hanns Ostmeier weiß, wie er vorgehen muss. Mit seiner Erfahrung und Menschenkenntnis stellte er die Crew zusammen – Streithähne bleiben lieber an Land. Viele denken an Abenteuer, Seefahrer-Romantik, Hafenkino, sonnen sich an Deck, so sieht der Segelalltag bei der Atlantiküberquerung indes nicht aus. Alles wurde seit Monaten penibel vorbereitet und mit den Crewmitgliedern bis ins kleinste Detail besprochen.

Triumph bei der „Bermuda Race“ kommt für die Crew überraschend

Die Segelroute ist vorab exakt geplant, Strömungen, Wetterlage und Windrichtungen müssen immer neu berechnet werden. Nach der Hochsee-Regatta segeln die Hetlinger derzeit Richtung Azoren. Dort ist endlich Empfang und so bot sich die Chance, Kontakt mit Schiffsführer Ostmeier aufzunehmen. „Wir haben die Regatta gewonnen und sind nun für immer und ewig in der wichtigsten Segeltrophäe eingraviert. Das war eine herausragende Leistung meiner Crew“, sagt Ostmeier mit voller Begeisterung.

Der Sieg kam so überraschend, dass sich die gesamte Mannschaft für die Ehrung ein offizielles Outfit besorgen musste. Ein dunkelblaues Sakko, Schlips und rote Bermuda-Shorts sind Pflicht. Nun geht die Segeltour nach Spanien in den Hafen von La Coruna. Bis auf den Kapitän und seinen Sohn wechselt die gesamte Crew. „Ich bin unglaublich gespannt, freue mich auf hohe Wellen, viel Wind und auf atemberaubende Geschwindigkeit, wenn alles rauscht und zischt“, sagt Nico-Frederick Beyer, Veterinärstudent aus Wedel. Das im Schnitt zwölfköpfige Segelteam ist mit den Jahren zahlenmäßig gewachsen. Traditionell ist die Hochseeinsel Helgoland Anlaufstation für die Schleswig-Holsteiner und Hamburger. Familienmitglieder, Verwandte und Freunde verfolgen die Route im Internet. „Sehen kann man uns leider nicht, dafür ist unsere Position via Satellit ausgewiesen“, erläutert Niels Ostmeier. Kein Internet, kein Handy, alles ist aufs Minimum reduziert.

Besatzung ist so zusammengestellt, dass sie gut funktioniert

Alle drei Stunden erfolgt tagsüber im Zweierteam ein Wachwechsel, in der Nacht alle 30 Minuten, damit die Yacht sicher und mit voller Konzentration bedient wird. Hanns Ostmeier ist davon ausgenommen, er erteilt Anweisungen und trifft die Entscheidungen. Das Team ist bewusst gemischt: Ein früherer Soldat, ein Ingenieur von Airbus sowie Immobilienunternehmer, Informatiker, Bankmanager, Bauunternehmer und einige Studenten haben sich viel zu erzählen. Der Älteste mit 59 Jahren gibt gerne sein Wissen an den Jüngsten aus der Crew (20 Jahre alt) weiter.

„Wenn schwierige Situationen auf uns zukommen, hat der Kapitän immer das letzte Wort und trägt die Verantwortung“, erklärt Nico-Frederick Beyer. Starker Teamgeist sei gefragt, niemand dürfe die Nerven verlieren. Alle sitzen in einem Boot, keiner kann aussteigen. Ein echtes Team muss erst wachsen, die Aufgaben werden dabei vorab verteilt und besprochen. Man ist sich absolut einig und auf engstem Raum kommt es auf Charaktereigenschaften an.

Für diesen Wellenritt wurde im Vorfeld jede Situation im Schwimmbecken trainiert. Der Einstieg in eine Rettungsinsel ist bei starkem Wellengang eine Herausforderung. Ein Trainer vom Hamburger Verein für Seefahrt sagt: „Reinspringen ist die bessere Variante als reinzuklettern auf hoher See, da hat man kaum eine Chance.“ Alle Crewmitglieder haben einen Schwimm- und Tauchkurs absolviert. Der Kick: „Wir wissen nie, was kommt, kein Internet, kein Handy. Es ist der Kitzel im Umgang mit der Naturmacht, Wasser, Wind und Wellen“, sagt Niels Ostmeier.

Sicherheit an Bord hat absolute Priorität. Selbst im Bett tragen alle Schwimmwesten und Sicherheitsleinen, unabhängig davon wie das Wetter ist. Wellen und Strömungen sind Ursprung von Gefahren. Der Super-GAU wäre, wenn eine Person in der Nacht über Bord geht. Nachts sieht man schlecht die Wellen, sodass sich die Yacht querlegen kann. Schlafende Pottwale, die 20 Tonnen wiegen, oder unter Wasser schwimmende Container, könnten das Aus einer Reise einleiten. Situationen, an die keiner denken möchte. „Und genau das ist der Nervenkitzel“, so Wachführer Niels Ostmeier. Erfahrungen sammeln, Wissen ausbauen und Bauchgefühl sind wichtig, Einfühlungsvermögen und Verständnis für den anderen. Die manchmal grenzwertigen oder sehr schrägen Erlebnisse ermöglichen hingegen, dauerhafte Freundschaften entstehen zu lassen.

Wenn der Regen einsetzt, sind alle Segler froh, einmal frei an Deck duschen zu können – ein Gedicht. Eigens dafür wurde ein professionelles Anti-Salzwasser Shampoo entwickelt, ansonsten müssen Feuchttücher für die Katzenwäsche reichen.