„Brigitte“-Musikkolumnist Stephan Bartels über seinen Bestseller „Dicke Freunde“

Neustadt. Von Zeit zu Zeit, sagt Stephan Bartels, 43, gehe er seinen Büchern in den Buchläden einen Besuch abstatten. Dann schaue er nach, wie sie präsentiert werden, ob die Höhe des Stapels schon ordentlich geschrumpft ist – einer der vielen Gradmesser für den Erfolg eines Buches. Manchmal, wenn keiner guckt, signiert er dann auch das Leseexemplar heimlich, für ihn ein Heidenspaß. Und „Dicke Freunde“ ist ein Erfolg, 60.000 Exemplare hat er verkauft. Darauf darf man sich schon was einbilden, was Bartels jedoch nicht tut. Dafür sei er zu fest mit der Realität verwurzelt, sagt er, und nippt in der Buchhandlung Stories! im Hanse-Viertel an einem Espresso.

„Und ob ich wirklich dick im Geschäft bin, möchte ich ebenfalls bezweifeln“, sagt Bartels grinsend und schaut an sich hinunter auf seinen Bauch, „aber um ehrlich zu sein: Der Erfolg der ‚Dicken Freunde‘ reicht inzwischen tatsächlich für die halbe Miete – was schön ist.“

Für den bekannten Schauspieler Christian Ulmen, der das Hörbuch eingelesen hatte, ist Bartels’ Buch ein „wunderbarer Roman über die Kunst, an Gewicht zu verlieren und sich dabei selbst zu gewinnen“. Man könnte daher sagen, es handelt sich um mit leichter Hand geschriebene schwere Kost: Denn bei allem Froh- und Flachsinn, den die sympathischen Diäthelden unermüdlich versprühen, kredenzt Stephan Bartels dem Leser genau die richtige Portion Tiefgang, mit der sich „Dicke Freunde“ vom heiteren Larifari der üblichen Urlaubsliteratur unterscheidet.

Der Inhalt des Buches: Ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag erwischt Simon Havlicek seine Freundin mit einem Fahrradkurier auf dem Herrenklo, natürlich in flagranti.

Doch statt gestammelter Entschuldigungen geht sie in die Offensive: Simon habe in den fünf Jahren ihrer Beziehung 25 Kilo zugenommen, und das sei nun mal nicht sexy.

Simon Havlicek zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus und findet Unterschlupf bei Computer-Nerd Hotte, einem Arbeitskollegen, der noch viel dicker ist als er selbst. Die beiden Pfundskerle raufen sich zusammen und tauchen unter Mithilfe einer gemeinsamen Freundin in die Wunderwelt der Diäten ein.

„Dicke Freunde“ wurde von der Kritik fast ausnahmslos wohlwollend besprochen: Wie fühlt sich das für den Autor an? Schwebt der Autor nach all den positiven Rezensionen jetzt eine Handbreit überm Boden? Bartels schüttelt den Kopf. „Schweben? Nein. Aber na klar ist es aber eine angenehme Form der Anerkennung!“, sagt Bartels. So wie auch die Tatsache, dass sich gerade eine Filmproduktion um den Stoff bemüht.

Bartels, der sich durch seinen eigentlichen Beruf als Musikkolumnist der Frauenzeitschrift „Brigitte“ bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erschrieben hat, empfiehlt allen, die ebenfalls ein Buch schreiben möchten, den Weg über eine literarische Agentur. „In jedem Fall“, sagt Stephan Bartels, „ist das Buchschreiben aber ein hartes Geschäft.“ Er gibt unumwunden zu, dass er mit Kritik nicht so gut umgehen könne. Es habe auch eine Stimme aus seinem Bekanntenkreis gegeben, die seinen Roman „Dicke Freunde“ langweilig fand. „Aber was mich wirklich kolossal ärgert, ist, wenn Kritiker das Buch nicht mal ansatzweise gelesen haben.“

Der Traum vom eigenen Buch sei aber immer auch eine Frage, wie man an dem Werk arbeitet. Da gäbe es kein ultimatives Rezept. „Wenn ich lange über eine Handlung nachgedacht habe – 13 Jahre waren es schließlich bei ‚Dicke Freunde‘ – und wenn die Geschichte dann steht und ich meine Trägheit überwunden habe, dann geht es relativ zügig“, sagt Stephan Bartels.

Es gebe ja viele Autoren, die sagen: „Ich kann nicht atmen, wenn ich nicht schreiben kann.“ „Also, wenn es das wirklich geben sollte, dann gehöre ich definitiv nicht zu diesen Autoren dazu. Ich kann auch ganz gut ohne die Schreiberei atmen – ich muss nicht schreiben, aber ich möchte.“

Und so wird Bartels’ Held Simon Havlicek in „Dicke Freunde“ wohl in gar nicht allzu ferner Zukunft neue Abenteuer bestehen, voraussichtlich in der Heimat seiner Mutter, in der tschechischen Hauptstadt Prag. „Da wird es dann unter anderem um die These gehen: ‚Kinder müssen auch für ihre Eltern im Alter aufkommen...‘“, sagt Stephan Bartels, „ein sehr aktuelles Thema also.“ Bis zu seinem hoffentlich nächsten Bestseller will er jedoch nicht noch einmal 13 Jahre verstreichen lassen.