Keine Frucht ist so vielseitig verwendbar wie der Kürbis. Welcher wozu am besten schmeckt, weiß Marlies Fischer

Wer hätte das gedacht? Der Kürbis ist eine Beere. Laut Definition sind Beeren Früchte, deren Kerne frei im Fruchtfleisch liegen – und dieses Kriterium erfüllt der Kürbis. Da macht es für einen Botaniker keinen Unterschied, wenn diese Gartenfrucht etwas größer ausfällt, als gemeinhin von einer Beere erwartet wird. Und dann ist der Kürbis auch kein normaler Vertreter dieser Spezies: Seiner harten Außenschicht verdankt er die Bezeichnung „Panzerbeere“. Wieder etwas gelernt.

Nahrung seit fast 10.000 Jahren

Jetzt im Herbst hat diese Frucht Konjunktur: gesund, schmackhaft, kalorienarm, schnell zubereitet und auch als Deko in einem großen Korb hübsch anzusehen. Kürbisse gibt es von riesig groß bis winzig klein, in den unterschiedlichsten Formen und Farben: Ob rund, länglich, flaschen- oder gar ufo-förmig, ob in klassischem Orange, leuchtendem Gelb, giftigem Grün, unifarben oder gestreift, glatt, geriffelt oder mit Warzen bedeckt – es scheint kein Gewand zu geben, das für einen Kürbis zu extravagant ist.

In allen Kürbisgewächsen ist der Bitterstoff Cucurbitacin enthalten, doch in manchen Sorten ist er so hoch konzentriert, dass die Früchte ungenießbar sind. Deswegen unterscheidet man zwischen Zier- und Speisekürbissen. Der Kürbis zählt zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt: Als Nahrungsmittel ist er seit fast 10.000 Jahren bekannt. Ursprünglich aus Südamerika stammend, brachten ihn die Portugiesen im 16.Jahrhundert nach Europa. Von den Kürbisgewächsen gibt es auf der ganzen Welt etwa 120 Gattungen und rund 800 Arten: Die Hauptanbaugebiete sind Süd- und Mittelamerika, Australien, Japan, Spanien, Italien, Ungarn und Rumänien. Rund um Hamburg gibt es Kürbisfelder im Alten Land, in den Vierlanden und der Winsener Elbmarsch sowie bei Braak im Landkreis Stormarn.

Suppe, Chutney und Salat

Noch vor ein paar Jahrzehnten gab es in Deutschland eigentlich nur den orange-gelben Gartenkürbis namens „Deutscher Zentner“. Dieser Riesenkürbis hat wässriges Fruchtfleisch, das wurde gekocht, kräftig mit Chili oder Paprika gewürzt und meist süß-sauer eingelegt. Das war’s, kein Hype rund um den Kürbis. Dann schwappte Halloween über den Atlantik, und seitdem macht die Panzerbeere auch hier Karriere: Nicht nur als Suppe, sondern auch in Aufläufen, Chutneys, Salat und Marmelade, als Zutat für Kuchen und Brot.

Der Butternut-Kürbis, seiner Form wegen auch „Birnenkürbis“ genannt, gehört zu den kleineren Kürbissorten mit viel Fruchtfleisch und wenigen Kernen. In der Küche überzeugt diese Sorte mit ihrem buttrigen Geschmack und eignet sich gut zum Überbacken oder für Püree.

Beliebt ist vor allem der Hokkaido-Kürbis. Seine orangefarbene Schale kann mitgegessen werden. Das Fruchtfleisch ergibt eine wunderbar cremige Kürbissuppe und eignet sich auch für Chutneys. Matthias Gfrörer, Chef im Restaurant Gutsküche Wulksfelde, verwendet diese Herbstfrucht gerne roh als Salat. „Den Kürbis waschen, innen auskratzen und dann dünn aufschneiden oder hobeln. Mit Zitronensaft, Zucker, Salz und Cayennepfeffer würzen, gut durchmischen und 20 Minuten ziehen lassen. Dann noch mit Kürbiskernöl und gerösteten Kürbiskernen nach Belieben abschmecken.“

Kürbisse wurden früher oft als Viehfutter verwendet, aber laut Gfrörer erlebt die Beere „eine große Renaissance“. Der Koch beobachtet das bei vielen alten Gemüsesorten und kennt auch den Grund dafür: „Vegetarische Gerichte werden immer beliebter, weil die Menschen sich viel mehr Gedanken machen, was sie essen und wie die Lebensmittel erzeugt werden. Gemüse gilt nicht mehr als Essen für arme Leute, sondern als gesunde Alternative.“

Die Diskusform der Patissons erinnert an eine fliegende Untertasse, weshalb diese grünen oder weißen Sorten auch „Ufos“ genannt werden. Häufig werden die kleinen Kürbisse süß-sauer eingelegt und zu Mixed Pickles verarbeitet. Ein Vorteil dieser Sorte: Schale und Kerne können mitgegessen werden.

Den Türkenturban oder Bischofsmütze machen seine originelle Form und die bunte Farbgebung zu einem herbstlichen Hingucker. Der große Speisekürbis gehört zu den Sorten mit leckerem, festem Fruchtfleisch und eignet sich gut zum Aushöhlen und Füllen, zum Beispiel als Suppenterrine.

Unter der Schale vom Spaghetti-Kürbis steckt ein leicht nussiges Fruchtfleisch, das beim Kochen in spaghettiähnliche Fasern zerfällt. Diese Sorte gibt es in Grün und Gelb, sie schmeckt auch gebacken gut.

Der gerippte, große Muskat-Kürbis gehört zu den Moschus-Kürbissorten, die sich durch süßlich duftendes Fruchtfleisch auszeichnen. Das hellgelbe, zarte Fleisch kann zudem mit einem edlen Maronen-Muskat-Aroma aufwarten. Dieser Kürbis hat wenige Kerne und viel Fruchtfleisch, das beim Kochen leicht zerfällt und deshalb gut für Suppen geeignet ist. Am besten schmeckt er, wenn er noch nicht ganz reif ist.

Wenn die Hamburger Köchin Cornelia Poletto Kürbis auf die Karte nimmt, dann beginnt für sie der Herbst. „Kürbis ist ein fantastisches Gemüse aus der Region, das keine weiten Wege zum Verbraucher zurücklegt und sich für schöne Gerichte eignet“, sagt die Fachfrau. „Eine Kürbissuppe hat immer eine tolle Farbe und kann ganz verschieden abgeschmeckt werden.“

Italienisch inspiriert bereitet Poletto am liebsten Kürbis-Ravioli zu. Dafür gart sie im Ofen einen Muskat-Kürbis im Ganzen. Wenn der weich ist, wird das Fruchtfleisch aus der Schale gekratzt, püriert und mit Salz, Pfeffer, Curry oder Ingwer, Muskatnuss und Parmesan abgeschmeckt und mit ein bisschen Eigelb gebunden. „Dann füllen wir die Masse aber noch in ein Leinentuch und lassen sie ordentlich abtropfen“, sagt Cornelia Poletto. Die mit Kürbispüree gefüllten Teigtaschen werden in Salbeibutter angebraten und mit Parmesan oder edel mit Trüffeln serviert. „Die süße Variante kommt mit Nussbutter und zerkrümelten Amarettini auf den Teller. Ein Gedicht!“