60 Tonnen Mobiliar werden in einen Airbus A380 eingebaut. Oliver Schirg hat den Monteuren auf Finkenwerder über die Schulter geschaut. Das Motto „passt, wackelt und hat Luft“ ist hier tabu

Ende der kommenden Woche ist es so weit: Sechs Jahre nach der Auslieferung des ersten Super-Airbus A380 an die arabische Fluggesellschaft Emirates wird jetzt die 50. Maschine an sie übergeben und anschließend in Richtung Dubai abheben. Es ist inzwischen Alltagsroutine, dass auf der südlich der Elbe gelegenen Flugzeugwerft das größte Passagierflugzeug der Welt gebaut, ausgestattet, lackiert und getestet wird. Bislang haben Kunden 324 Exemplare des Flugzeuges, das bis zu 850 Menschen transportieren kann, bestellt. 135 Maschinen wurden ausgeliefert.

Der A380 gilt als Flaggschiff jeder Airline. Auf welchem Flughafen auch immer er auftaucht, zieht er die Blicke der Menschen auf sich. Seine Flügel spannen sich über fast 80 Meter. Vom Boden bis zur Spitze des Seitenleitwerks sind es 24,1 Meter – so hoch wie ein dreistöckiges Haus. Der A380 besteht aus vier Millionen Teilen. Um diese in höchster Qualität zusammenbauen zu können, kommt es manchmal auf hundertstel Millimeter an. Legt man alle Kabel aneinander, erreichen diese man eine Länge von 530 Kilometern.

Die Arbeitsteilung innerhalb des Airbus-Konzerns ist breit. Die Tragflächen stammen aus Großbritannien. Die meisten Teile des Rumpfes werden in Hamburg gefertigt, das Cockpit im französischen Toulouse. Dort bereiten die Ingenieure das Flugzeug auch so weit vor, dass es zur Ausstattung nach Hamburg fliegen kann. Grundsätzlich gilt: Jeder A380 erhält in Hamburg seine Innenausstattung, wird hier lackiert, getestet und vom Kunden kontrolliert.

Wie geht es weiter mit dem Flugzeugrohling, wenn er aus Toulouse kommend auf Finkenwerder auf der Landebahn aufgesetzt hat? Das Hamburger Abendblatt hatte die Möglichkeit, den Ausbau der 50. Maschine für die Fluggesellschaft Emirates zu begleiten. Acht Wochen – vom Touchdown an der Elbe bis zur kritischen Abnahme durch den Kunden – haben wir die Fertigstellung des Fliegers Schritt für Schritt begleitet.

Erstflug nach Finkenwerder

Die Überführung von Toulouse nach Finkenwerder ist der erste Flug des A380. Alle flugrelevanten Teile sind montiert, das Cockpit vollständig eingebaut. Ansonsten herrscht im Inneren der Maschine große Leere, und das obere Deck sieht aus wie eine Lagerhalle mit einem halbrunden Dach. Zwei extra montierte Sitze bieten Ingenieuren Platz. Vier Stunden dauert der Flug, von denen zwei für Tests – zumeist über Südfrankreich – genutzt werden. Der Pilot bringt das Flugzeug beispielsweise in verschiedene Fluglagen und fliegt mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Da es der erste Flug ist, bedeutet es auch die erste Landung. Mit 250 Stundenkilometern setzt das vierstrahlige Großraumflugzeug auf. Das weiß lackierte Seitenleitwerk trägt bereits das Emirates-Logo. Der grüne Rumpf hingegen sieht wie eine verwaschene Wand aus.

Volltanken dauert 100 Minuten

140 Maschinen dieses Typs hat Emirates bestellt und sich damit zum mit Abstand größten A380-Kunden aufgeschwungen. Auf Platz zwei folgt Singapore Airlines mit 24 Maschinen. Platz drei teilen sich die australische Qantas und die Leasinggesellschaft Amedeo mit jeweils 20 Ordern. Die 14 A380 für die Lufthansa nehmen sich dagegen bescheiden aus.

Nach der Erstlandung auf Finkenwerder lassen die Techniker alle Treibstoffe und Öle ab – auch um die riesigen Triebwerke zu schützen. 320.000 Liter Kerosin, das sind 250 Tonnen, passen in die elf Tanks des A380. Einmal volltanken dauert eine Stunde und 40 Minuten, wenn zwei Tankfahrzeuge mit Hilfe von jeweils zwei Schläuchen 3200 Liter pro Minute in die Tanks pumpen. Mit dem Sprit könnte man ohne Zwischenlandung von Frankfurt/Main bis nach Hawaii fliegen.

Von nun an bis zum Testflug ziehen bis zu 800 PS starke und 41 Tonnen schwere Schlepper das vierstrahlige Großraumflugzeug mit maximal 20 Stundenkilometern über das Werftgelände hin und her zu den verschiedenen Docks. Dazu werden die beiden Bugräder des A380, dessen Leergewicht bei 275 Tonnen liegt, auf den Schlepper geschoben und anschließend mit diesem fest verbunden. Der Schlepper ersetzt sozusagen die Bugräder.

Der Schlepperfahrer kann den Koloss – wenn nötig – zentimetergenau in die Docks bugsieren. „Beim Hineinschleppen in die Lackierhalle habe ich auf 60 Metern Länge einen Spielraum von 60 Zentimetern“, erzählt Schlepperfahrer Jonas Schuld und fügt hinzu: „Am Ende müssen wir das Flugzeug auf einem Bierdeckel parken.“

30 Tage Zeit bleiben für den Innenausbau

Der Innenausbau dauert 30 Arbeitstage, rund 16.000 Stunden. „Flugzeugbau ist sehr komplex“, sagt Susanne von Arciszewski, Ausstattungschefin bei Airbus. Zwar gelte die allgemeine Zulassung für jedes Emirates-Flugzeug, und nicht jede Maschine sei ein Unikat: „Aber jedes Flugzeug hat eine Seele.“ Aufgrund der Größe des A380 bleibt mehr Freiraum für die Kundenwünsche. Gäste der First und der Businessclass reisen in den Emirates-Maschinen zum Beispiel in den oberen Decks.

Die Ausstattung unterscheidet sich von Fluglinie zu Fluglinie und kostet einen zweistelligen Millionenbetrag. Airbus baut das ein, was der Kunde will. So entscheidet dieser beispielsweise, wie die Küchen auszusehen haben.

Einzig die Spezifikationen des Flugzeuges wie Höhe, Breite, Tiefe, Gewicht und Anschlüsse sind das Maß aller Dinge. Die Zulieferer erhalten, bevor sie die Küchen und Toiletten konstruieren, diese Angaben. Sie wissen also, wie groß oder klein die einzelnen Bauteile sein dürfen, wo die Elektrokabel hingehören und an welcher Stelle die Zu- und Abflüsse zu liegen haben.

Emirates-Logo für 20.000 Euro

Die Fluggesellschaft Emirates zeigt sich bei der Ausstattung großzügig. Bei Holz und Sitzbezügen überwiegen helle Farben. Zudem legt man Wert auf Verzierungen. Allein das in der Businessclass an einer Zwischenwand angebrachte vergoldete Emirates-Logo kostet mehr als 20.000 Euro.

Beim Ausbau unseres A380 arbeiten pro Schicht 35 Techniker, Kontrolleure und Zulieferer gleichzeitig in acht Zonen: in Ober- und Unterdeck sowie in zwei Bereichen des Frachtraums. Zudem schrauben, prüfen und liefern sie in den einzelnen Decks an mehreren Ecken gleichzeitig.

Die Türen begrenzen die Größe der Teile, die in die Flugzeugkabine gebracht werden können. Zu hohe oder zu breite Teile – die Küchenschränke oder die Sitze der besseren Klassen – schraubt man vorher auseinander. Grundsätzlich gereicht die Kabinenhöhe des A380 – ein Mensch kann in beiden oberen Decks problemlos aufrecht stehen – den Mitarbeitern zum Vorteil.

Der Innenausbau ist nämlich Handarbeit, egal ob die Flugzeugtechniker Teile verschrauben, Abdeckungen anbringen oder Kabel miteinander verbinden. Dabei folgen die Arbeitsschritte einer ausgetüftelten Chronologie. Zum Beispiel bauen die Techniker die Sitze erst dann ein, wenn der Teppichboden verlegt ist. Probleme treten auf, wenn bei einem (wichtigen) Teil Lieferung oder Einbau stocken. Dann stockt auch der Ausbau des Flugzeuges.

Der Jet muss exakt waagerecht stehen

Vor dem Start der Ausstattungsarbeiten stemmen drei mächtige Hydraulikpumpen den A380 in eine exakt waagerechte Position. So kann das Flugzeug beim Einbau der insgesamt 60 Tonnen schweren Innenausstattung nicht in eine Schräglage geraten. Anschließend „verschwindet“ das Flugzeug unter einem Gewirr von Brücken und Stegen.

Im Inneren installieren die Mechaniker als Erstes die beiden Treppen. Dann folgen die beiden Duschen für die Passagiere der First Class, da später dafür kein Platz mehr ist. Abschnitt für Abschnitt wird die Seitenverkleidung angebracht, werden Leitungen und Dämmstoffe verdeckt und dem Innenraum Form und Farbe gegeben. Zur Verkleidung gehören die Jalousien vor den Fenstern und die Stauschränke an der Decke und neben den Fenstersitzen.

„Passt, wackelt und hat Luft“ geht nicht

Als Nächstes untersuchen die Airbusmitarbeiter die Fußbodenplatten genau, da diese später unter Teppichboden verschwinden und mit ihnen eventuelle Fehler wie fehlende Schrauben oder Spalten. Ohnehin gilt die Regel: Wann immer ein Mitarbeiter ein Ausstattungsteil installiert, prüft er noch einmal genau dahinter liegende Leitungen und Kabel.

Nun startet die Montage der ersten „Monumente“, wie Susanne von Arciszewski die Toiletten, Waschbecken und Küchenschränke bezeichnet. Allerdings kommen nur jene Elemente an die Reihe, die den später geplanten Einbau von Sitzen nicht behindern. In der First Class sind erst die Sitze dran.

Ein Flugzeug muss in sich beweglich sein. Deshalb konstruieren Flugzeugbauer die Teile der Inneneinrichtung so, dass sie nicht reißen oder starr sind. Gummilippen helfen, kleinere Spalten abzudecken. Zugleich spielt Präzision eine entscheidende Rolle. Die Möglichkeit, wie beim Einbau der heimischen Küche mit einem Hammerschlag nachzuhelfen, gibt es hier nicht. Bei den Anschlüssen für das Wasser- oder Kühlsystem beispielsweise liegen die Toleranzen bei unter einem Millimeter. Die Zulieferer erreichen eine derart hohe Qualität dadurch, dass sie – beispielsweise bei der Produktion von Küchen – die Situation im Flugzeug nachempfinden. Passt etwas nicht, erkennt es schon der Zulieferer.

Der Teppich darf keine Blasen werfen

Als Nächstes kommen die Entertainment-Kabel für Lautsprecher und Kopfhörer an die Reihe. Mechaniker verstauen diese in den dafür vorbereiteten Rinnen und befestigen die notwendigen Stecker. Diese Stecker verbinden später die Sitze mit der Stromversorgung und dem Entertainment-System.

Bei der Verlegung der Teppiche gilt die besondere Aufmerksamkeit der Airbusmitarbeiter den Übergängen an den Türen. Weil hier die Belastung durch die Passagiere groß ist, muss die Oberfläche absolut eben sein. Auch hier arbeiten die Flugzeugbauer mit kleineren Toleranzen, damit auch nach der 100. Landung sich keine Blasen oder Wellen bilden. Küche oder der Duschbereich gelten als besonders sensibel. Wenn Wasser durch die Verkleidung oder den Boden sickert, kann es in großer Höhe gefrieren und Schäden verursachen. Ist der Teppichboden verlegt, werden die Lichtleisten angebracht, die den Passagieren im Notfall den kürzesten Weg zu einem Ausgang weisen.

Wenn Sitze nicht durch die Tür passen

Die Hersteller der Sitze liefern diese zusammengebaut und getestet an Airbus. Im Normalfall verschrauben die Monteure einen Sitz mit dem Boden des Ober- oder des Unterdecks und verbinden ihn mit den Anschlüssen für Strom und Entertainmentsystem. First-Class- und Business-Sitze passen aufgrund ihrer Größe nicht in einem Stück durch die Tür. Die Monteure schrauben sie daher außerhalb der Maschine auseinander und in der Kabine wieder zusammen. Als eine der letzten Ausstattungsarbeiten erfolgt die Installation der Notrutschen an den Türen.

Während des Innenausbaus sind Qualitätsprüfer ständige Begleiter der Monteure. Teile oder Leitungen, die hinter der Abdeckung oder einem Küchenschrank verschwinden, können später nicht mehr eingesehen werden. Zudem sind alle Mitarbeiter der Ausstattungsteams so ausgebildet, dass sie einschätzen können, ob die vor Ort verbauten Teile den Standards im Flugzeugbau entsprechen. Besonderes Augenmerk liegt auf den sicherheitsrelevanten Einbauten.

Kontrolle der Kontrolleure

Das Zwei-Augen-Prinzip gilt für minimale Arbeiten wie das Ausrichten von Dichtlippen. Beim Vier-Augen-Prinzip, das beispielsweise bei der Verlegung der Kabel für die Entertainmentanlage Anwendung findet, überprüft ein Mitarbeiter die Arbeit seines Kollegen. Das Sechs-Augen-Prinzip spielt bei sicherheitsrelevanten Arbeiten, beispielsweise bei der Verbindung der Küche mit dem Kühlsystem, eine Rolle. Dann schaut ein Qualitätsprüfer noch einmal drauf. Den Einbau der Notrutschen überprüfen sogar zwei Experten. Jedes Kontrollergebnis wird notiert, und der Einbau eines Teiles gilt erst dann als erledigt, wenn die Prüfung erfolgte. „Selbst nach 20 Jahren reicht ein Blick in die Dokumentation, und man weiß, wer seinerzeit das Teil eingebaut und wer den Einbau kontrolliert hat“, sagt Airbus-Sprecher Stolzke. Zum Abschluss des Innenausbaus gehen Experten von Emirates durch die Kabine und nehmen die Arbeiten ab.

Packpapier für ein halbes Fußballfeld

Die Lackierhalle in Hamburg-Finkenwerder gilt als die größte der Welt. Zwei A380 finden darin Platz. Als Erstes steht jedoch das Verpacken auf dem Programm. Fenster, Antennen, Sensoren und das bereits lackierte Leitwerk verschwinden unter Papier. „Dann macht mein Team sich daran, die Flächen zu reinigen, zu schleifen und wieder zu reinigen“, erläutert Kai Heimes, stellvertretender Leiter des Airbus-Paintshops. Am Ende dürfen nicht einmal Fingerabdrücke vorhanden sein.

2500 Liter Farbe, per Hand aufgetragen

Nun startet das Lackieren. Dabei stehen die Lackierer entweder auf den Tragflächen oder auf mobilen Bühnen, die sich bis knapp unter die Hallendecke in 30 Meter Höhe ausfahren lassen. Die Oberfläche eines A380 ist mit mehr als 3150 Quadratmetern so groß wie ein halbes Fußballfeld. Die Männer tragen rund 2500 Liter Farbe auf, von denen sich ein Teil verflüchtigt und abgesaugt wird. Anschließend wiegt das Flugzeug 650 Kilogramm mehr. Die Arbeiten im Airbus-Paintshop dauern 13 Tage. Lackiert wird rund um die Uhr, um möglichst gleichmäßige Beschichtung und Farbtöne zu erreichen.

Flugzeuglack ist ein technisch anspruchsvolles Produkt. Er muss Sandstürme, Hagelschauer und – bei Starts und Landungen – innerhalb weniger Minuten Temperaturunterschiede von mehr als 100 Grad aushalten. Er muss also hart und flexibel zugleich sein. Seine vier Schichten summieren sich auf ganze 0,2 Millimeter.

Eine Schicht für den Korrosionsschutz gehört genauso dazu wie die eigentliche Farbe. Auch in der Lackierhalle sucht man Roboter vergeblich. Die Mitarbeiter tragen die Farbe mit Sprühpistolen per Hand auf und verlassen sich dabei auf ihr Auge. „Dazu gehört jahrelange Erfahrung“, sagt Heimes.

Kleine Nacharbeiten mit dem Malpinsel

Fürs Trocknen bekommt der Rumpf etwa 16 Stunden Zeit. Allerdings klebt das Team in dieser Phase bereits die Tragflächen neu ab, reinigt und bereitet diese zum Lackieren vor. Wenn er trocken ist, wird der Rumpf „maskiert“, wie die Lackierer das Verpacken beschreiben.

Während die Tragflächen trocknen, tragen die Airbus-Mitarbeiter am Rumpf alle Schriftzüge und Bezeichnungen auf. Kleine Nacharbeiten erledigen sie zum Schluss. Dann greifen sie auch schon mal zu einem kleinen Pinsel, den man von daheim aus dem Tuschkasten kennt. Noch in der Paintshop-Halle nimmt der Kunde die Lackierung ab. Auf einer Hubbühne fahren die Prüfer das knapp 73 Meter lange Flugzeug in einem Abstand von einem Meter ab und kontrollieren jeden Zentimeter. Keine Unebenheit, keine Unregelmäßigkeit im Farbton entgeht ihnen.

Triebwerke so stark wie 6000 Pkw

Von der Lackierhalle aus bugsieren die Schlepper den A380 zur sogenannten Flightline. Öl wird aufgefüllt und das Flugzeug betankt, sodass es wieder flugfähig ist. Jetzt können die Tests starten. „Aus Sicherheitsgründen behandeln wir das Flugzeug so, als sei es gerade erst hergestellt worden“, sagt Testpilot Detlef Schaal.

Zunächst stehen verschiedene Checks am Boden auf dem Programm. Dazu rollte die Maschine in eine halbrunde Lärmschutzanlage, die ein wenig an ein Autokino erinnert. Einen Tag lang prüfen die Ingenieure unter anderem die Hydraulik, die Flugsteuerung und die Navigation. „Wir gehen tief ins System“, sagte Airbus-Testingenieur Thorsten Drewes.

Hinzu kommt ein spezieller Leistungstest für das Triebwerk, bei dem 75 Prozent seiner Leistung abgerufen werden. „Das ganze Flugzeug wackelt und zittert“, beschreibt Drewes den Check. Immerhin produzieren die vier Triebwerke des A380 die Kraft von 6000 Mittelklassefahrzeugen, mit der sie den Koloss auf eine Startgeschwindigkeit von rund 300 Stundenkilometern beschleunigen können. Zu dem Test auf dem Boden gehört auch eine „Taxifahrt“ zum Prüfen von Lenkung und Bremsen.

Von 180 auf 0 Stundenkilometer

Danach steht ein Startabbruch auf dem Programm. Dazu beschleunigt der Pilot den A380 auf der Startbahn auf 180 Stundenkilometer und setzt dann die Schubhebel von voller Leistung auf Leerlauf. Jetzt muss das System die automatische Bremsung einleiten. Pilot und Ingenieur erleben, ob das Antiblockiersystem funktioniert, das Flugzeug in der Spur bleibt und die Sicherheitssysteme sich einschalten. Zurück an der Flightline checkt ein anderes Team den A380 jetzt noch einmal am Boden durch.

Das Großraumflugzeug gehört zu den technisch anspruchsvollsten Produkten, die es weltweit gibt, und die Zahl möglicher Fehlerquellen ist groß. Allein in der Kabine der A380 gibt es etwa „1000 Quellen“, sagt Detlef Schaal und zählt auf: Sauerstoffmasken, Toiletten, Bildschirme, Internetzugang oder Entertainmentsystem.

Der erste Testflug

Erst wenn bei den Prüfungen am Boden keine Fehler mehr auftreten, erhält unser A380 die Freigabe für den Testflug. Beim sogenannten Cabin-First-Flight ist die Maschine zum ersten Mal als ein vollständig ausgestattetes Flugzeug unterwegs. Dieser dauert drei Stunden und 30 Minuten. Im Cockpit der Maschine sitzen zwei Piloten und ein Ingenieur; in der Kabine erledigen vier Ingenieure ihre Aufgaben.

Die Flugroute führt entweder von Hamburg zunächst Richtung Westen und dann in einer Schleife bis hoch nach Dänemark oder Richtung Osten bis zur deutsch-polnischen Grenze. Alle Sicherheitsfunktionen stehen auf dem Prüfstand. Wenn die Piloten beispielsweise die Fluggeschwindigkeit bis auf das physikalische Minimum nahe dem Strömungsabriss reduzieren, „müssen im Cockpit zu klar definierten Zeitpunkten Alarmsignale ertönen“, sagt Schaal und fügt hinzu: „Linienpiloten würden nie mit so einer geringen Geschwindigkeit fliegen.“

Der Ingenieur, der im Cockpit sitzt, kann mit seinem Computer auf alle Flugdaten zugreifen. Er und die Piloten arbeiten einen Katalog mit mehr als 100 Punkten ab. So simulieren sie beispielsweise den Druckabfall in der Kabine und prüfen, ob die Sauerstoffmasken automatisch herausfallen. Gleichzeitig muss das Licht in der Kabine angehen, und im Cockpit müssen verschiedene Warnsignale ertönen.

Jetzt kommt der Mann, der Fehler hört

Eine besondere Rolle spielt Thorsten Drewes. „Ich weiß, wie ein A380 klingen und vibrieren muss, wenn alles in Ordnung ist.“ Läuft ein Triebwerk unrund, sitzt eine Tür nicht richtig oder klappert etwas in der Küche – Drewes hört es. Sein Gehör ist so fein, dass es mitbekommt, wenn eine Niete nicht richtig installiert oder die Dichtung einer Antenne falsch angebracht wurde. Zwar hat Drewes ein spezielles Aufnahmegerät dabei. „Die Aufnahmen sollen später bei den Kollegen am Boden allerdings nur belegen, was ich gehört und gespürt habe.“ Außerdem prüfen Drewes und seine Kollegen, ob die DVD-Player funktionieren, in der Dusche das Wasser abläuft und die Toiletten funktionieren. „Manche Fehler kann man am Boden nicht erkennen. Sie offenbaren sich erst in der Luft“, sagt der Ingenieur.

Die Stunde der Wahrheit

Zum Abschluss erfolgt die Endabnahme. Das Flugzeug ist aus Sicht von Airbus für den Linienbetrieb einsatzbereit. Jetzt ist Emirates dran, den A380 nach einem eigenen Protokoll auf Herz und Nieren zu prüfen. Am ersten Tag steht die Kabine im Mittelpunkt. Die Experten der Fluggesellschaft schauen genau hin. „Als Laie würde man die Fehler niemals erkennen“, erzählt Auslieferungsmanager Ralf Pasch: eine kleine Blase, die der Teppich wirft oder einen Kratzer an einem Sitz beispielsweise.

Am zweiten Tag startet die Maschine zum Kundenflug. „Das ist ein Testflug in abgespeckter Form, der zweieinhalb Stunden dauert“, sagt Testpilot Detlef Schaal. Dabei sitzt zwar ein Pilot von Emirates auf dem Kapitänssitz und fliegt die Maschine gemeinsam mit einem Piloten von Airbus. Die Verantwortung für das Flugzeug liegt aber immer noch beim Hersteller.

Ein Ingenieur von der Fluggesellschaft sitzt ebenfalls vorn im Cockpit. In den Kabinen arbeiten Emirates-Spezialisten ihr Testprogramm ab. Anschließend haben die Abteilungen von Airbus drei Tage lang Zeit, die Fehler abzustellen. Das Überprüfen aller „Fahrzeugdokumente“ und das Einspielen kundenspezifischer Software dauern noch einmal 48 Stunden, bevor der A380 zum Eigentum von Emirates werden kann.

Ein Banker bestätigt den Geldeingang

Zuvor muss aber das Geld auf dem Konto von Airbus eingegangen sein. Ein Banker aus New York bestätigt die Finanztransaktion. Der Listenpreis für einen Super-Airbus liegt derzeit bei 414,4 Millionen US-Dollar. Allerdings dürfte Emirates als Großkunde Rabatte ausgehandelt haben. Über den genauen Preis für die 50. Maschine vom Typ A380 liegt der Mantel des Schweigens.

Wenn die „Fahrzeugpapiere“ überreicht wurden, wird das Überführungskennzeichen durch das „Nummernschild“ der Vereinigten Emirate ersetzt. Der Überführungsflug bringt die Maschine nach Dubai. Dort ist sie bereits verplant. Unser A380 wird künftig weltweit unterwegs sein.