Irene Jung, 58, arbeitet seit 25 Jahren beim Hamburger Abendblatt und lebt seit fast zehn Jahren auf St. Pauli. Schon als Studentin hat sie im Silbersack durchgefeiert und sich gewundert, dass der DGB an seine Mitglieder Genussscheine für das Salambo ausgab. Inzwischen nimmt sie die Reisebusse aus Nienburg/Weser, die Wochenend-Partysäufer und die Eventhopper so wie die übrigen Anwohner mit heiterer Resignation hin. Denn unter der Woche herrscht wuseliger Frieden im Quartier. Und Themen gibt es viele – vom Abriss der Esso-Häuser über die geplante Seilbahn auf die andere Elbseite bis zur Frage, wo nun die beste Tattoo-Stube ist.

Daniel Schaefer, 25, arbeitet seit sechs Jahren als freier Journalist und wurde von St. Pauli schon in jungen Jahren aufgeklärt. Der Kiez brachte ihm Dinge bei, die man in keiner Schule lernt. Seitdem weiß er, dass man(n) nicht als Frau geboren sein muss, um eine zu sein, und warum Nutella hier nicht nur ein süßer Brotaufstrich ist. Am Wochenende führt er als unmaskierter Gästeführer Touristen durch seinen Heimathafen und stellt dabei jedes Mal wieder fest: St. Pauli lässt sich nicht erklären, man muss entdecken – Tag für Tag aufs Neue. Die Lichter der Meile leuchten hell in der Nacht, doch was verbirgt sich eigentlich im Schatten?