Vor 150 Jahren wurde die Deutsche Seemannsschule Hamburg gegründet. Junge Männer wurden damals noch “im Geiste der Unterordnung erzogen“.

Am Anfang standen eine gute Idee und eine Broschüre mit dem Titel: "Die Errichtung eines Erziehungsinstituts in Deutschland zur Vor- und Heranbildung junger Leute für das Seefach". Darin schlugen die ehemaligen Kapitäne Gerad Schuirman und Georg Thaulow 1862 die Gründung einer Einrichtung vor, in der junge Leute "in Hangmatten schlafen, Seemannskost und -kleidung bekommen, in allen auf Seeschiffen vorkommenden Arbeiten unterrichtet werden". Außerdem sollten sie "einen zweckmäßigen Unterricht in den Grundlehren der Navigation, der Geographie und der neueren Sprachen, kurz, eine streng seemännische Erziehung und Vorbildung erhalten, damit sie nach einem zweijährigen Cursus - zu welchem sie im Alter von 13 bis 15 Jahren aufgenommen werden, als gewandte Decksjungen oder Leichtmatrosen ihren Dienst auf deutschen oder fremden Schiffen antreten können".

Das Konzept überzeugte eine Gruppe namhafter Hamburger Reeder, darunter Ferdinand Laeisz, Robert Miles Sloman und Adolph Godeffroy. Sie bildeten ein "Comité", das die Planungen für die neue Schule auf den Weg brachte. Sechs Mitglieder stellten zusammen 20.000 Taler bereit, danach wurde eine "Actiengesellschaft" gegründet und die Werbetrommel gerührt. Als die Deutsche Seemannsschule vor 150 Jahren gegründet wurde, verfügte sie über eine gute Kapitaldecke. Neben Geld trafen auch Sachspenden ein: Reeder Wilhelm Droege überließ der Schule für Übungsfahrten die "Thusnelda", eine Kombination aus Schraubendampfer und Segelschiff, Adolph Hertz spendete den Clipper-Segelkutter "Albatros" und einen Ruderkutter. Ein Jahr später beobachtete ein Redakteur der Zeitung "Gartenlaube" im Hafen einen "hochbordigen Ruderkutter, von mindestens zwölf strammen, aber unbärtigen Blaujacken besetzt". Das "exacte Rudertempo" erinnerte ihn an die "wohlexercirte Mannschaft eines Kriegsschiffs". Das seien, sagte man dem Journalisten, "die Jungens von de dytsche Seemannsschool".

Erster Standort der Schule war bis 1889 Steinwerder, Schuirman und Thaulow hatten die Leitung übernommen. Neben dem Hauptgebäude stand weithin sichtbar auf dem Land ein hölzernes Übungsschiff, inklusive Deck, Aufbauten und Masten. Die Ausbildung war hart, aber nicht unmenschlich, der Unterricht im Klassenraum, zum Beispiel Fremdsprachenkurse und Kompasslehre, hochwertig.

Die Leiter der Schule beschrieben ihr Konzept so: "Durch Ordnung und Regelmäßigkeit, Reinlichkeit, Abhärtung durch eine einfache, aber kräftige Kost, durch körperliche Schulung werden die jungen Leute kräftig und widerstandsfähig (...) und im Geiste der Unterordnung erzogen, die an Bord eines Seeschiffs herrschen muss." Zum Programm gehörten Rudern, Klettern, Segeln, Turnen, Ringen und Schwimmen. Wecken ("Auspurren") war im Sommer um sechs, im Winter um halb sieben. Auf den Lehrgang folgte die klassische Erst-Anmusterung auf einem Segel- oder Dampfschiff, oder die Jungmatrosen wechselten auf ein Schulschiff.

Letztlich sollte die verbesserte Ausbildung der Seeleute dazu beitragen, den steigenden Bedarf an guten Matrosen zu decken und die Zahl der Unfälle und Verluste auf See zu reduzieren. Zwischen der Gründung der Schule und dem Zweiten Weltkrieg bildete die Deutsche Seemannsschule Hamburg, so ihr offizieller Name, mehr als 5700 Seeleute aus. Von 1889 bis 1913 geschah das auf Waltershof, dann folgte der Umzug nach Finkenwerder. 1944 musste der Schulbetrieb an Land eingestellt und auf das Segelschulschiff "Großherzogin Elisabeth" verlegt werden, das 1945 durch Tieffliegerangriffe beschädigt wurde. Eine Zwangspause war unvermeidlich. Erst 1953 folgte die Wiedereröffnung - diesmal in Blankenese.

1984 kam das Aus für die Seemannsschule, die ihren Sitz seit 1957 am Finksweg wiederum auf Finkenwerder hatte. Das Schulgebäude war baufällig, der theoretische Unterricht wurde seit 1972 von einer Gewerbeschule bestritten. Nachdem dringend benötigtes Geld gestrichen worden war, schloss man die Schule ganz. Im Laufe ihrer Geschichte hatten dort rund 30.000 Seeleute ihr technisches und nautisches Rüstzeug erhalten.

Die Deutsche Seemannsschule Hamburg existiert nicht mehr, aber die gleichnamige Stiftung blieb erhalten. Sie ging 1887 aus der ursprünglichen "Actiengesellschaft" hervor und kann damit auch schon auf eine 125-jährige Tradition zurückblicken. Die Stiftung fördert weiterhin aktiv die Ausbildung des nautischen und technischen Nachwuchses. Davon profitieren die drei heute bestehenden norddeutschen Seemannsschulen in Rostock, Travemünde und Elsfleth an der Weser. Von dort wird der traditionsreiche Name weiterhin in die ganze Welt getragen.