Der Sanierungsstau in Hamburg wird größer, weil alljährlich weniger Straßenschäden behoben werden, als in den Wintern entstehen.

Hamburg. Das Problem gibt es seit Jahrzehnten, und es vergrößert sich von Jahr zu Jahr: die Winterschäden auf Hamburgs Straßen. Die Kosten dafür allein auf den Bezirksstraßen liegen bei mehr als 30 Millionen Euro. Doch Geld für die dringend notwendige Beseitigung der Schlaglöcher ist kaum da. Auf zahlreichen Straßen konnten die Winterschäden deshalb seit Jahren nicht ausgebessert werden - und der Sanierungsstau wird immer größer.

Der ADAC spricht von einem besorgniserregenden Zustand, vor allem vieler Nebenstraßen. "Das kommt nicht nur durch die Winterschäden, sondern weil die Unterhaltung der Straßen seit Jahren vernachlässigt wird", sagt Sprecher Matthias Schmitting.

+++ Hamburgs Straßen noch schlechter als ihr Ruf +++

+++ Hamburger Bezirke bremsen Tempo 30 aus +++

Allein im Bezirk Nord werden mehr als 8,4 Millionen Euro für die Behebung der Winterschäden benötigt, die aus den Jahren 2010 bis 2012 resultieren. 91 Straßen sind betroffen. Das geht aus der Antwort des Bezirks auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Christoph Ploß hervor. Doch es stehen dafür aus dem Topf "Sonderprogramm Winterschäden" nur 396 000 Euro zur Verfügung. Davon kann der Bezirk nur sechs Straßenabschnitte, darunter den Alten Teichweg in Höhe Krausestraße bis Eulenkamp, sanieren.

"Es müssen aber Winterschäden an mehr als 90 Straßen ausgebessert werden, deshalb reichen die 396 000 Euro bei Weitem nicht aus. Wir brauchen dringend mehr Geld", sagt Peter Hansen, Sprecher des Bezirksamts Nord.

In der jetzigen Situation könnten nur einige wenige Straßen saniert werden. Je länger aber mit den Reparaturen der anderen Straßen gewartet werden müsse, umso schlechter werde die Substanz.

Der Bedarf ist groß: Allein für die Straße Am Ochsenzoll werden die Kosten für die Sanierung auf fast 1,2 Millionen Euro geschätzt. Für die Martinistraße, allein für den Abschnitt zwischen Hoheluftchaussee und Tarpenbekstraße, werden 420 000 Euro veranschlagt.

CDU-Politiker Christoph Ploß kritisiert: "Der SPD-Senat hat eine völlig falsche Prioritätensetzung. Wer für den unsinnigen Rückkauf eines Minderanteils der Energienetze mehr als 500 Millionen Euro ausgibt und im Gegensatz an der Instandhaltung unserer Infrastruktur spart, steuert die Stadt in die falsche Richtung." Die SPD wiederum gibt dem Vorgängersenat die Schuld: "Der CDU-Senat hat die Straßen jahrelang vernachlässigt. Es ist jetzt eine große Herausforderung, diesen Investitionsstau sukzessive abzubauen", sagte SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen. Aber klar sei auch, dass nicht alles auf einmal gemacht werden könne. Koeppen räumt ein: "Dafür fehlt einfach das Geld."

Für die "Substanzerhaltung" der Straßen stehen in diesem Jahr insgesamt 73 Millionen Euro zur Verfügung: "Darin enthalten sind auch fünf Millionen Euro, die die Bezirke für die Beseitigung von Winterschäden bekommen", sagt Helma Krstanoski, Sprecherin der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Im Jahr 2010 hatte die Stadtentwicklungsbehörde 15 Millionen Euro extra für die Beseitigung von Winterschäden zur Verfügung gestellt: "Das Geld ist aber bereits ausgegeben", sagte Krstanoski. Das Straßennetz in Hamburg ist in 500 Kilometer Hauptverkehrsstraßen und in 3500 Kilometer Bezirksstraßen aufgeteilt.

Die Bezirke haben aber kaum Handlungsspielraum. Sie können lediglich entscheiden, welche Straßen Priorität haben. Der Bezirk Nord ist da kein Einzelfall: "Wir würden etwa acht Millionen Euro benötigen, um die Winterschäden abzuarbeiten. Da wir das Geld nicht haben, arbeiten wir eine Prioritätenliste ab", sagt Eimsbüttels Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD). Eine ähnliche Situation herrscht im Bezirk Mitte: "Wir würden einen hohen einstelligen Millionenbetrag brauchen", sagt Sprecherin Sorina Weiland. In Altona stehen an Sondermitteln für die Beseitigung der Winterschäden 561 000 Euro zur Verfügung: "Es haben sich aber über die Jahre rund 6,5 Millionen Euro angesammelt", sagt Sprecher Nils Fischer.

Die Unterfinanzierung gilt für alle Bezirke. Allerdings sieht der Bezirk Wandsbek kein Problem bei den Winterschäden. "Hier gibt es keinen Sanierungsstau", sagt Anne Bauer, Sprecherin des Bezirksamts. Bedarf gibt es aber auch in Wandsbek: "Wegen Abnutzung und Verschleiß bräuchten wir einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe", sagt Bauer.