Aktuelle Untersuchungsergebnisse belegen, dass die Elfjährige zuvor keinen Kontakt mit Drogen oder Ersatzstoffen hatte

Hamburg. Die elfjährige Chantal aus Wilhelmsburg, die vor einem Monat an einer Methadon-Vergiftung starb, ist bis zu der tödlichen Dosis nicht mit Drogen oder einem Heroin-Ersatzstoff in Berührung gekommen. Das haben nach Angaben der Staatsanwaltschaft toxikologische Untersuchungen gezeigt. "Es handelt sich um einen traurigen erstmaligen Kontakt", sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers dem Abendblatt.

Chantal war am 16. Januar dieses Jahres in der Wohnung ihrer rauschgiftsüchtigen Pflegeeltern an der Heroin-Ersatzdroge Methadon gestorben. "Wir gehen davon aus, dass das Mädchen am Vorabend gegen 20 Uhr eine Methadon-Tablette genommen hat", sagte Möllers. Eine einzige Tablette sei bereits ausreichend für den Tod. "Dass der Tod etwa 20 Stunden später eintritt, entspricht wissenschaftlichen Erkenntnissen." Warum die Schülerin die Tablette schluckte, ist noch unklar. Ebenso steht noch nicht fest, welche Menge an Tabletten sie genommen hat. Das wird das endgültige Obduktionsergebnis zeigen, das voraussichtlich kommende Woche vorliegt. Chantal hatte bereits am Abend des 15. Januar über Unwohlsein geklagt und sich mehrfach übergeben. Am Tag darauf fand die Pflegemutter die Elfjährige gegen 17 Uhr leblos auf dem Bett und verständigte den Notarzt. Um 18.52 Uhr wurde Chantal für tot erklärt.

Bei einer Durchsuchung hatten die Ermittler 31 Methadon-Tabletten in der Garage der Pflegeeltern gefunden. Zudem stellte die Polizei eine Tablette im Arbeitsspind des Pflegevaters sicher. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Chantals Pflegeeltern wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Im Visier der Ermittlungen sind aber auch der freie Träger Verbund sozialtherapeutischer Einrichtungen und das Jugendamt des Bezirksamts Mitte, unter dessen Schutz das Mädchen stand.

Gestern Nachmittag trafen sich etwa 25 Menschen auf dem Hachmannplatz, um mit einem Schweigemarsch der Mädchen Chantal und Lara-Mia zu gedenken, die 2009 unterernährt in Wilhelmsburg gestorben ist. Mit Transparenten zogen sie durch die Innenstadt bis zum Bezirksamt Mitte.