Der Bezirk befürchtet, dass mehr als 800 Zuwanderer und Obdachlose an der Sengelmannstraße untergebracht werden könnten.

Alsterdorf. Im Bezirk Nord sorgt das Thema Unterbringung von Obdachlosen und Zuwanderern für Aufregung und Widerstand. Die Sozialbehörde plant, in der ehemaligen Alten- und Pflegeeinrichtung Alsterberg an der Sengelmannstraße Wohnungen für Flüchtlinge und Wohnungslose einzurichten. Weiterhin soll auf dem ehemaligen Kasernengelände auch die Zentrale Erstaufnahme (ZEA) für Flüchtlinge integriert werden. Hintergrund: Jahrelang waren die Flüchtlingszahlen gesunken und Unterkünfte geschlossen worden. Nun steigen die Zahlen wieder, und Unterkünfte fehlen.

Die Sozialbehörde will daher zwei Alsterberg-Gebäude sanieren und im Dezember für die neue Nutzung zur Verfügung stellen. Der Bezirk fürchtet nun, dass viel mehr Plätze als geplant geschaffen werden. Man geht von einer Maximalzahl von 872 aus.

"Damit würde man ein Quartier kaputt machen", sagt Thomas Domres, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Bezirksfraktion. "Zumal der übrige Stadtteil schon dicht ist mit ähnlichen Einrichtungen." In der näheren Umgebung gibt es fünf Unterkünfte.

Die Bezirks-FDP befürchtet am Alsterberg-Gelände gar ein "Flüchtlingsgetto". "Eine derart hohe Zahl von Flüchtlingen und Obdachlosen auf engem Raum wird weder den berechtigten Interessen der dort untergebrachten Menschen noch der Nachbarschaft gerecht", sagt Claus-Joachim Dickow, Chef der FDP-Bezirksfraktion.

Ursprünglich hat Hamburg den Abriss der alten Gebäude und den Verkauf des Geländes geplant, um dort 280 Wohnungen bauen zu lassen. Besonders geärgert hat man sich im Bezirksamt, dass der Träger Pflegen und Wohnen, der die Pflegeeinrichtung Alsterberg betrieben hat, ohne Antrag schon mit dem Ausbau der Gebäude begonnen hatte. Das wurde jedoch gestoppt.

Der Bezirk Nord fordert, die Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen über ganz Hamburg zu verteilen.

Zurzeit sind 23 Prozent aller Betroffenen in Nord untergebracht. Mit dem Ausbau vom Alsterberg wären das nach Bezirksrechnung dann 30 Prozent. "Unsere Sorge ist, dass es alles an einer Stelle konzentriert wird. Die Ballung wird dann zu sozialen Spannungen führen", sagt Bezirkssprecher Peter Hansen.

Aus der Sozialbehörde gibt es noch keine konkreten Zahlen. "Diese liegen jedoch nicht in der vom Bezirk genannten Größenordnung", sagt ihre Sprecherin Julia Seifert. Ansonsten sei man mit dem Bezirk derzeit noch "im Abstimmungsprozess".

Möglicherweise könnte ein Kompromiss so aussehen: Von den alten Kasernengebäuden werden nur zwei genutzt, um Wohnungen für Obdachlose und Flüchtlinge zu schaffen. Das wären pro Haus 120 Menschen.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Verlegung der Zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge an die Sengelmannstraße. Peter Hansen: "Flüchtlingsfamilien bleiben in der Regel drei Monate in der Erstaufnahme. Das wird im Umfeld sicher Spuren hinterlassen."

Die Unterbringung von neu nach Hamburg kommenden Flüchtlingen ist seit Langem politisch umstritten. Die GAL-Bürgerschaftsfraktion setzt sich für mehr Plätze in der öffentlichen Unterbringung ein. In einem Antrag zur gestrigen Bürgerschaftssitzung fordern die Grünen, die Kapazitäten in Hamburg schnell und ausreichend zu erweitern. Antje Möller, flüchtlingspolitische Sprecherin der GAL-Fraktion: "Die seit Jahresmitte wieder ansteigende Zahl von Flüchtlingen überfordert Hamburgs Unterbringungskapazitäten beträchtlich."