Der neue Innensenator Heino Vahldieck spricht über brennende Autos in der Hansestadt, kriminelle Jugendliche und anstehenden Sparzwang

Hamburg. Zwei Wochen nach Amtsantritt gibt der neue Innensenator im vierten Stock der Innenbehörde dem Abendblatt sein erstes Interview. Zum Gesprächsauftakt wird Kaffee gereicht. Vahldieck wirkt aufgeräumt.

Hamburger Abendblatt:

Herr Senator, vor wenigen Stunden sind wieder einmal 13 Autos angezündet worden. Was wollen Sie gegen dieses Problem tun?

Innensenator Heino Vahldieck:

Ich war schon in meiner alten Funktion mit dem Thema konfrontiert. Zunächst waren es gezielte politische Aktionen. Jetzt sind es Taten, deren Hintergrund sich nicht erschließt. Wenn wahllos Fahrzeuge angezündet werden, dann kommt die Polizei an Grenzen. Die Stadt ist zu groß, um jede Straße zu überwachen. Die Beamten sind aber hoch motiviert. Um jemanden festnehmen zu können, müssen mehrere Faktoren zusammentreffen.

Sehen Sie die Gefahr, dass sich Bürgerwehren bilden, wenn die Anwohner das Gefühl bekommen, dass die Polizei ihnen nicht mehr helfen kann?

Vahldieck:

Bürgerwehren sind sicher nicht das, was wir wollen. Natürlich kann und will ich niemanden, der keinen Schlaf findet oder mit dem Hund raus muss, davon abhalten, dass er aufmerksam durch seine Nachbarschaft geht. Aber zu privaten Streifengängen würde ich auch niemandem raten.

Die nächste große Baustelle: Jugendgewalt. Wie sehen Ihre Konzepte aus, dem Problem kurzfristig Herr zu werden?

Vahldieck:

Es gab im Sommer eine Handvoll entsetzlicher Vorfälle. Da konnte der falsche Eindruck entstehen, dass es hier besondere Anstiege gibt. Die Zahlen geben das aber nicht her. Im Übrigen wurden bei diesen Fällen alle Täter festgenommen. Alle beteiligten Behörden müssen hier eng zusammenarbeiten und tun dies auch.

Haben wir ein Problem mit kriminellen Einwanderern?

Vahldieck:

In der Kriminalstatistik werden lediglich Ausländer und Deutsche unterschieden. Aber klar: Deutsche, die etwa türkische oder osteuropäische Vornamen haben, werden als Südländer oder Russen wahrgenommen. Migrationshintergrund wird statistisch nicht erfasst. Das ist auch schwierig. Aber natürlich lösen bestimmte Vornamen Reflexe aus: "War ja klar. Ausländer!" Da sind wir bei der Integrationsdebatte. Herr Sarrazin hat da ja sehr pointiert einige Fragen aufgespießt. Man muss sich mit dem nicht identifizieren. Aber eine Debatte zum Thema muss geführt werden.

15 Prozent der Muslime in Deutschland sollen erklärtermaßen kein Interesse an Integration haben. Wo setzen Sie an, um diese Menschen zu erreichen?

Vahldieck:

Mit Zahlen muss man hier vorsichtig sein. Von den geschätzt 70 000 Muslimen in Hamburg gibt es sicher eine Minorität, die integrationsfeindlich ist. Hier ist anzusetzen - bei der Kinderbetreuung, der Durchsetzung der Schulpflicht, auch bei der Unterstützung der Frauen.

Themenwechsel: Sparrunden stehen an. Wo sehen Sie Möglichkeiten, bei Polizei und Feuerwehr zu sparen?

Vahldieck:

Wenn 260 Millionen Euro bei den Behörden gespart werden müssen, kann ich nicht davon ausgehen, dass ein so großer Bereich wie die Innenbehörde verschont bleibt. Wir werden aber so sparen, dass die Sicherheit für den Bürger nicht angetastet wird. Aufgaben, die nicht zum Kernbereich gehören, stehen jedoch auf dem Prüfstand.

Stehen Sie für mehr oder weniger Videoüberwachung?

Vahldieck:

An Kriminalitätsschwerpunkten ist die stationäre Videografie ein wertvolles Mittel. Aber sie ist an rechtliche Grenzen gebunden. Wenn sich weitere Kriminalitätsschwerpunkte entwickeln, wäre Videoüberwachung eine Option.

Wie in der Schanze?

Vahldieck:

Nein. Das Schanzenviertel ist kein Kriminalitätsschwerpunkt. Gewalttaten bei Demos oder nach dem Schanzenfest ändern daran nichts.

Bald werden Sie nicht mehr der Innenbehörde, sondern der Behörde für Inneres und Sport vorstehen. Polizei und Sport treffen sich in neun Tagen beim Erstliga-Derby.

Vahldieck:

Ich freue mich auf das Derby. Es ist schön, dass wir wieder zwei Erstligavereine haben. Richtig ist aber, dass das Spiel für die Polizei ein anspruchsvoller Einsatz wird. Sie wird sich dementsprechend aufstellen.

Zum Beispiel mit der Reiterstaffel?

Vahldieck:

Ja, es ist möglich, dass wir Pferde einsetzen werden.