Es gibt massive Vorbehalte bei Hamburgern und Politikern gegen den Internet-Service Google Street View. Sie wollen Widerspruch einlegen.

Hamburg/Berlin. Google und Deutschland haben - so kann man es nach den Ereignissen der vergangenen Tage nennen - ein durchaus schwieriges Verhältnis. Der Grund: Street View. Seit Google am Dienstag bekannt gab, den umstrittenen Service auch in der Bundesrepublik verfügbar zu machen, sind die Proteste groß. Bei Datenschützern, bei Bürgern und bei Politikern.

Fakt ist aber auch: In keinem anderen Land, in dem Street View selbst noch nicht verfügbar ist, wird diese Software so viel genutzt wie bei uns. Ob USA, Italien oder Frankreich - die Deutschen klicken sich gern durch die Straßenansichten der anderen Länder. Nur bei sich selbst wollen viele diesen Dienst nicht. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) teilte gestern mit, bereits Widerspruch gegen die Darstellung ihres Privathauses eingelegt zu haben. Gleiches taten Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele oder Bodo Ramelow (Linke).

Auch viele Hamburger wollen Einspruch gegen die Abbildung ihres Hauses einlegen, darunter Justizsenator Till Steffen (GAL). "Auch bezüglich des Hauses, in dem ich wohne, wird Widerspruch eingelegt", sagte er dem Abendblatt. Gleichzeitig forderte er, das Widerspruchsrecht auch gesetzlich abzusichern. "Auf Initiative Hamburgs hat der Bundesrat einen Gesetzentwurf für Geodatendienste vorgelegt. Das Gesetzgebungsverfahren muss zeitnah erfolgen. Der Plan von Frau Aigner, Google zur Einhaltung von Regeln zu zwingen, wird ohne gesetzliche Regelung scheitern." Schon in der nächsten Woche will das schwarz-gelbe Kabinett in Berlin nun über die Forderungen der Länderkammer beraten. "Es wird dazu eine abgestimmte Haltung innerhalb der Bundesregierung geben", sagte ein Sprecher von Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Offen ist aber, ob es schon eine Entscheidung über schärfere Regeln geben wird.

Der Bundesrat fordert eine gesetzliche Pflicht, dass Menschen und Autokennzeichen unkenntlich gemacht werden. Außerdem dringen sie auf ein Widerspruchsrecht für Betroffene. Der verbraucherpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Bleser (CDU), hält eine Gesetzesverschärfung für dringend notwendig. "Wenn der Rechtsrahmen nicht ausreicht, müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Privatsphäre bei dieser Technologie gewahrt bleibt", sagte er. Allerdings werden schärfere Regeln zeitlich nicht mehr vor dem Start von Street View greifen können. Google will den Dienst Ende des Jahres für 20 Städte einführen.

Ein Online-Formular für das Vorabwiderspruchsverfahren soll ab kommender Woche freigeschaltet werden. Schon seit Mai 2009 können die Deutschen zudem das Vorabwiderspruchsrecht per Mail oder Brief nutzen. Wie viele Bürger bislang von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, dazu konnte Google gestern keine Auskunft geben. Auch das Bundesverbraucherministerium, das auf seiner Website ein Musterschreiben bereitstellt, konnte keine Angaben machen. Medienberichten zufolge soll die Zahl der Widersprüche jedoch bereits im fünfstelligen Bereich liegen.

Allerdings gilt: Street View trifft nicht nur auf Ablehnung. Der Chef des Bezirksamts Eimsbüttel, Torsten Sevecke (SPD), sagte, er finde Street View zwar bedenklich. "Aber ich würde keinen Widerspruch einlegen. Bei der rasanten technischen Entwicklung ist das nicht mehr aufzuhalten. Dazu müsste es eine gesetzliche Regelung geben. Private Einsprüche werden da nicht weiterhelfen." Herlind Gundelach (CDU), Senatorin für Wissenschaft und Forschung, geht noch weiter: "Ich habe kein Problem damit. Mein Haus ist auch so bekannt."

Bei einer Blitzumfrage des Abendblatts unter mehr als 70 Hamburgern haben sich gestern gut zwei drittel gegen Street View ausgesprochen. Allen anderen ist das Angebot egal, oder sie äußerten keine Bedenken. Auffällig bei dem nicht repräsentativen Stimmungsbild: Kritik an Street View kam mehr von älteren Hamburgern.