Vor allem Personalkosten sollen gesenkt werden. Rechnungshof-Präsident Jann Meyer-Abich fordert die Regierung zum Handeln auf.

Hamburg. Bevor der Senat und die Spitzen der Fraktionen von CDU und GAL von heute an über das größte Sparpaket in der Geschichte Hamburgs beraten, hat Rechnungshof-Präsident Jann Meyer-Abich die Regierung zum Handeln aufgefordert: Er erwarte, dass der Senat nicht nur pauschal "globale Minderausgaben" beschließe, sondern sich zu strukturellen Maßnahmen durchringe, um die "ausufernden laufenden Ausgaben dauerhaft zu senken", sagte Meyer-Abich dem Abendblatt. Wie berichtet, muss der Betriebshaushalt um 556 Millionen Euro pro Jahr - das sind etwa fünf Prozent des Jahresetats der Stadt - gekürzt werden. Meyer-Abich verweist auf die Vorschläge des Rechnungshofs. So würden viele Gebühren von den Bürgern nicht annähernd kostendeckend erhoben - mögliche Mehreinnahmen: 26 Millionen Euro pro Jahr. "Man sollte auch die Statistikämter in Hamburg und Kiel endgültig zusammenlegen, das spart fünf Millionen Euro im Jahr." Noch hat das gemeinsame Statistikamt Nord zwei Sitze und zwei Geschäftsführungen. Der Rechnungshofspräsident setzt auf Einsicht bei Regierung und Bürgern: "Nachdem der Finanzsenator und der Bürgermeister endlich gesagt haben, wie ernst die Lage ist, habe ich die Hoffnung, dass das jetzt auch bei der Bevölkerung ankommt."

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Wie bereits in anderen Bundesländern, werden Polizisten möglicherweise nicht mehr mit 60 Jahren, sondern erst mit 62 in Rente gehen können. Dazu sagt Karl-Heinz Warnholz (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses: "Bei allem Respekt vor den Leistungen der Polizeibeamten wird auch Hamburg nicht darum herumkommen, die Lebensarbeitszeit zu verlängern." Das Polizeiorchester stand schon bei der Sparrunde im Herbst 2009 zur Disposition. Die 35-Mann-Truppe kostet im Jahr 1,4 Millionen Euro. Sechs der Musiker sind Beamte, die anderen Angestellte. Die Musiker werden auch als Fernmelder eingesetzt, allerdings "nur bei besonderen Lagen", heißt es in der Innenbehörde. Bei der Sparrunde im Herbst entschied sich der Senat gegen eine Auflösung des Orchesters, verpflichtete es aber dazu, Kosten durch Eintrittsgelder zu reduzieren.

Finanzsenator Carsten Frigge hat deutlich gemacht, dass die Stadt künftig bestimmte Aufgaben nicht mehr wahrnehmen könne. Im Klartext: Da die Stadt keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen kann, wird sie versuchen, Stellen im Rahmen der Fluktuation nicht wieder zu besetzen. Da unter den 70.000 städtischen Mitarbeitern etwa 5000 jedes Jahr kommen und gehen, lassen sich so relativ schnell etwa zehn Prozent des Personals abbauen. Dieses Ziel nannte der Hamburger Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse (CDU) bereits im Herbst. Der Effekt wäre enorm: Im Elf-Milliarden-Euro-Etat der Stadt geht rund ein Drittel (3,9 Milliarden) für Personal drauf. Zehn Prozent Ersparnis (390 Millionen) würden das Loch von 556 Millionen mehr als zur Hälfte füllen.

Obwohl Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) Schließungen von Einrichtungen erst kürzlich im Abendblatt-Interview kategorisch ausgeschlossen hatte, wird weiter darüber spekuliert. Als Kandidaten für Kürzungen gelten das Altonaer Museum und das Museum der Arbeit. Dessen Direktorin Kirsten Baumann zeigt sich gelassen: "Ich habe keinerlei Kenntnis darüber, dass es Pläne zur Schließung des Museums der Arbeit gibt", sagte sie dem Abendblatt. "Derartige Meldungen sind auch in der Vergangenheit immer mal wieder lanciert worden."

Im Gespräch ist, die Diäten der Abgeordneten in diesem Jahr nicht zu erhöhen. Bürgerschaftspräsident Lutz Mohaupt: "Ich appelliere an alle Fraktionen, bei den Sparbemühungen mitzuwirken." Derzeit bekommen die Parlamentarier 2456 Euro pro Monat. Würde auf eine weitere Anhebung um 2,5 Prozent verzichtet werden, könnte man jährlich rund 90.000 Euro einsparen. Die Diäten der 121 Bürgerschaftsabgeordneten sind bereits im vergangenen Jahr angehoben worden. Auf dem Prüfstand stehen auch die HVV-Karten für die Abgeordneten und der Etat für Veranstaltungen und Reisen (rund 300.000 Euro). Aus diesem Topf werden auch das parlamentarische Sommerfest und Reisen in Partnerstädte bezahlt. Ob es Sinn mache, eine weitere Städtepartnerschaft mit Daressalam (Tansania) einzugehen, wird diskutiert.

Auch wenn GAL-Fraktionschef Jens Kerstan versichert, dass die Stadtbahn eine nötige Zukunftsinvestition sei, scheint zumindest eine Verschiebung des Projektes möglich. Vor dem Volksentscheid zur Schulreform am 18. Juli ist eine Entscheidung darüber jedoch unwahrscheinlich. Sollte aber die Primarschule gekippt werden, wäre die Stadtbahn das letzte Großprojekt der Grünen und würde entsprechend verteidigt werden. Der erste, rund 7,7 Kilometer lange Streckenabschnitt zwischen dem Bramfelder Dorfplatz und der Kellinghusenstraße wird mindestens 138 Millionen Euro kosten.

Kürzungen der Hochschul-Budgets sind unwahrscheinlich, zumal der Senat hier Stabilität garantiert hat. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Sanierung der Uni-Gebäude sollen per "Sondervermögen" realisiert werden, ist also weniger relevant für den Haushalt. Der diskutierte Teil-Umzug der Uni auf den Kleinen Grasbrook erscheint angesichts der Haushaltslage jedoch unrealistisch. Zur Disposition steht auch der Bau der HafenCity-Universität für 66 Millionen Euro. Laut Gerüchten könnte dieser auch an die Privat-Uni Kühne School of Logistics verkauft werden.