In den Koalitionsverhandlungen wollen die Sozialdemokraten verdeutlichen, dass es wenig Spielraum im Haushalt gibt. CDU warnt vor Verlagerung von Schulden

Altstadt. In den Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen geht es heute erstmals um Inhalte. Nachdem sich beide Parteien am Montag zunächst beschnuppert hatten, steht um 13Uhr im Rathaus in der zweiten Runde das Thema Haushalt auf dem Programm – vier Stunden sind dafür zunächst eingeplant. Die SPD hatte sich bewusst für diesen Auftakt entschieden, um dem Partner gleich klar zu machen, was finanziell geht und was nicht.

Nach Abendblatt-Informationen wird Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) daher zu Beginn in einem Referat über die finanzielle Lage der Stadt davor warnen, aus dem Haushalts-Überschuss von gut 400 Millionen Euro in 2014 allzu optimistische Schlüsse zu ziehen. Denn zum einen will Tschentscher dieses Geld zur Schuldentilgung nutzen, zum anderen weist er immer wieder auf Risiken wie die Milliarden-Altlasten bei der HSH Nordbank, die steigenden Flüchtlingszahlen und die gerade angelaufenen Tarifverhandlungen für die öffentlich Beschäftigten hin.

Grüne wollen nur „umschichten“ – SPD zweifelt an den Vorschlägen

Seine Botschaft dürfte daher sein: Trotz insgesamt positiver Entwicklung gibt es kaum Spielraum für große Sprünge. Dabei hat die SPD als mahnendes Beispiel vor Augen, wie Grüne und CDU 2008, ebenfalls vor dem Hintergrund hoher Steuereinnahmen, in ihren Koalitionsverhandlungen kräftig steigende Ausgaben beschlossen hatten. Als die Konjunktur dann 2009 einbrach, stand die Stadt vor riesigen Problemen und musste große Sparprogramme beschließen. Die Grünen hatten sich im Wahlkampf für Mehrausgaben in Bereichen wie Kita-Qualität, Umwelt- und Klimaschutz sowie Förderung des Radverkehrs eingesetzt – gleichzeitig aber betont, dass sie das durch Umschichtungen im Haushalt erreichen wollen, also ohne Steigerung der Gesamtausgaben. Ob die von ihnen behaupteten Spielräume im Etat von der SPD auch gesehen werden, dürfte eine der spannenden Fragen dieser Verhandlungsrunde sein. Die Busbeschleunigung, die die Grünen stoppen und das Geld zur Finanzierung ihrer Ziele einsetzen wollen, taugt dafür nur bedingt: Denn bei den 200 Millionen Euro, die noch zur Verfügung stehen, handelt es sich um einmalige Investitionen, während zum Beispiel die von den Grünen geforderten 700 zusätzlichen Erzieherinnen jedes Jahr bezahlt werden müssten.

Nach dem Haushalt soll es um Bildung und Wirtschaft gehen

Der scheidende CDU-Finanzexperte Roland Heintze befürchtet, dass SPD und Grüne Projekte außerhalb des Haushaltes mit Hilfe städtischer Gesellschaften finanzieren könnten. Denn schon in den vergangenen Jahren sei zwar die offizielle Kreditaufnahme im Kernhaushalt stetig bis auf Null gesunken, gleichzeitig aber die Gesamtverschuldung der Stadt gestiegen. „Sollte Rot-Grün die Kreditaufnahme weiter in Extrahaushalte verlagern, wäre die von beiden Parteien unterstützte Schuldenbremse nur ein zahnloser Tiger“, mahnt Heintze. Die Bürgerschaft müsse darüber diskutieren, inwiefern die Schuldenbremse und das Budgetrecht des Parlaments sich auch auf öffentliche Unternehmen beziehen.

Nach Abendblatt-Informationen werden die Koalitionsverhandlungen mit den Themenbereichen Schule/Bildung und Wirtschaft/Hafen fortgesetzt. Dahinter steckt die Erwartung, dass Rot-Grün sich auf diesen Feldern relativ schnell einigen könnte. Außerdem ist Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) das Signal wichtig, dass er seinen wirtschaftsfreundlichen Kurs fortsetzt und an der beschlossenen Elbvertiefung nicht gerüttelt wird.