Sozialwissenschaftlerin Cornelia Sylla fordert Umdenken und Willkommenskultur, um Kriminalität in den Griff zu bekommen

Hamburg. Angesichts des ungebrochenen Zustroms von Flüchtlingen plädiert eine Hamburger Hochschuldozentin für einen humaneren Umgang mit den in Deutschland Schutzsuchenden. Statt sie zu stigmatisieren, sollten Migranten mit offeneren Armen empfangen werden, sagt Cornelia Sylla, Doktorandin und Lehrbeauftragte im Department Soziale Arbeit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Nur wer sich willkommen fühle und Perspektiven habe, sei in der Regel auch bestrebt, diesen Zustand beizubehalten und einen Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft zu leisten.

Auf einer Fachtagung des Hamburger Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK) zum Thema „Minderjährige unbegleitete Flüchtlinge – eine Überforderung für Länder und Gemeinden“, zu der sich mehr als 150 Vertreter von Polizei und Fachämtern angemeldet haben, will Sylla am kommenden Donnerstag für ihre Position werben. „Das Asylrecht und seine Anwendung sind grundsätzlich diskriminierend oder abschreckend. Flüchtlinge sind prinzipiell nicht erwünscht.“ Dies sei der falsche Weg. „Die Abschreckung, die man erhofft, funktioniert nicht. Derjenige, der in hoffnungslosen Lebensumständen auf seine Chance in Europa wartet, wird sich nicht abhalten lassen, nur weil er schlecht behandelt werden könnte.“

Ein gutes Beispiel seien die sogenannten Bootsflüchtlinge, sagt die 35-Jährige. „Selbst die lebensgefährliche Überfahrt hält viele nicht ab. Wenn das System der Abschreckung also nicht funktioniert, könnte man damit aufhören, Menschen in Armut und Elend zu halten, indem man ihnen den Zugang zu Bildung und Arbeit verwehrt.“ Insbesondere für minderjährige Flüchtlinge sei die Einschränkung ihrer Perspektiven fatal, „denn sie befinden sich entwicklungsbedingt auf der Suche nach ihrem Lebensweg“, sagt Sylla. „Wenn man beginnen würde, ihnen mit Respekt vor ihrem bisherigen Werdegang zu begegnen und Zugangsbarrieren abzubauen, würde das den Anreiz mindern, sich auf delinquente Weise Geld und Anerkennung zu verschaffen.“

Laut BDK stellt die Polizei seit „geraumer Zeit einen massiven Anstieg von Straftaten fest, die von minderjährigen, unbegleiteten Migranten begangen werden“, sagt BDK-Landeschef Jan Reinecke. „So traten 40 der in diesem Jahr in Obhut genommenen 400 unbegleiteten Minderjährigen wiederholt polizeilich in Erscheinung.“ Die Polizei könne nicht mit den ihr zur Verfügung stehenden personellen und materiellen Ressourcen Löserin von Problemen sein, die in anderen Verwaltungsbereichen geschaffen oder besser, nicht verhindert werden, so Reinecke.