Präsidenten der Technischen Unis fordern neue Verhandlungen mit Senatorin Stapelfeldt

Hamburg. Der Streit über die Ausstattung der Hochschulen eskaliert. Nach der scharfen Kritik von Uni-Präsident Dieter Lenzen am sogenannten Perspektivpapier zur Zukunft der Hochschulen von Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) richten die drei Präsidenten von Technischer Universität Hamburg-Harburg (TUHH), Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) und HafenCity Universität (HCU) gemeinsam einen Appell an den Senat: Die 2012 mit der Wissenschaftsbehörde ausgehandelte Hochschulvereinbarung soll noch einmal aufgerollt und nachverhandelt werden. Zudem müssten die gut 30 Millionen Euro, die die Hansestadt jährlich beim BAföG spart, den Hochschulen zugutekommen.

Die Präsidenten Garabed Antranikian (TUHH), Jacqueline Otten (HAW) und Walter Pelka (HCU), an deren Hochschulen 26.000 Studenten ausgebildet werden, hatten 2012 den Hochschulvereinbarungen zugestimmt. Diese sehen vor, dass die Etats der Hochschulen jährlich um 0,88 Prozent steigen. „Diesem Solidarbeitrag zur Konsolidierung des Haushalts haben wir zugestimmt, auch wenn es eine bittere Pille war“, sagt HCU-Präsident Pelka.

Doch die tatsächlichen Mehrkosten liegen sehr viel höher: Sie steigen jährlich um rund drei Prozent, weil die Tariferhöhungen größer ausfallen, Energiekosten und die Einführung des Mindestlohns hinzukommen. So fehlten den Hochschulen jährlich 13,5 Millionen Euro, die sich bis 2020 auf 486 Millionen Euro kumulieren, rechnen die Präsidenten vor.

Für den Fall, dass Teuerungsrate und Tarifabschlüsse längerfristig höher liegen als erwartet, sieht die Vereinbarung vor, dass über die Etatsteigerung der Hochschulen neu verhandelt wird – zumal deren Mittel zu fast 80 Prozent in Personalkosten gebunden sind. Aus diesem Grund wurden die Hochschulpräsidenten in der Wissenschaftsbehörde vorstellig und trugen ihr Anliegen vor.

Dort erhielten sie jedoch nach eigenen Worten eine Abfuhr. Die Etats für 2015/16 lägen fest und seien nicht mehr verhandelbar. „Wir hatten erwartet, dass der Senat sein Wort hält“, sagen Otten, Pelka und Antranikian. „Er bricht seine Zusage, bei höheren Kostensteigerungen neu zu verhandeln.“ Die Präsidenten wollen die Öffnungsklausel ziehen und neu verhandeln.

Auch die BAföG-Millionen, die sich bis 2020 auf 180 Millionen Euro summieren, hätten helfen können. „Obwohl das Geld da ist, lässt uns der Senat im Regen stehen“, kritisiert Pelka. Zumal die Hochschulen doppelt gestraft seien, weil das Bundesministerium im Gegenzug für die Übernahme der BAföG-Kosten Forschungsmittel streiche, ergänzt TUHH-Präsident Antranikian. „Es geht uns keinesfalls nur um die BAföG-Millionen. Vielmehr um die Situation, dass es der Senatorin nicht ernst ist, konstruktiv weiterzuverhandeln.“

Weil das Geld nicht reicht, müsse an allen drei Hochschulen abgebaut werden. An der HCU solle die Zahl der Professoren von 50 auf 40 sinken, auch die HAW müsse zehn Prozent abbauen, die TUHH zehn von 64 Instituten schließen. Da niemand entlassen werden kann und soll, folgt der Abbau dabei nicht dem fachlichen Bedarf einer Hochschule, sondern orientiert sich an zufällig in den Ruhestand gehenden Mitarbeitern. Das heiße, dass die hohe Qualität in Lehre und Forschung in Gefahr sei. Zudem seien Studierende ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor.

„Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, warum beispielsweise bei den Ingenieurwissenschaften abgebaut werden soll, deren Absolventen händeringend gesucht werden“, sagt Pelka.

Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) habe eine Initiative Bauingenieure in Hamburg ins Leben gerufen, um den Fachkräftebedarf zu decken. Das passe doch nicht zusammen. Die Investition in Ausbildung rechne sich ohnehin, sagt Pelka und zitiert eine Untersuchung des Stifterverbands: „Wenn der Staat Studenten ausbildet, ist das zwar teuer. Unterm Strich bringt aber jeder Student in seinem Arbeitsleben durch Steuerzahlungen und ähnliches ein Plus von 109.000 Euro, Ingenieure und Naturwissenschaftler sogar von 212.000 Euro“, so Pelka weiter.

Die Behauptungen des Senats, es gebe Planungssicherheit, ausreichend wachsende Budgets und eine Finanzierung, die international wettbewerbsfähig sei, seien allesamt falsch, so die drei Präsidenten. Wenn die längerfristige Finanzierung aber nicht sicher sei, könnten viele Professoren nur auf Zeit berufen werden – für diese wenig attraktiv. „Die besten Köpfe bekommen wir so nicht“, sagt Jacqueline Otten.

Laut Stifterverband gibt die Hansestadt 8899 Euro für jeden Studenten aus, in Bayern und Baden-Württemberg hingegen sind es gut 10.400 Euro, in Niedersachsen sogar 11.800 Euro. Insgesamt liege Hamburg bei der Studienfinanzierung im unteren Mittelfeld, sagt Pelka. Er rechnet vor, was die Schwesternhochschule der HCU, die Bauhaus Universität in Weimar, erhält: Statt 8456 Euro pro Studierendem im Jahr wie an der HCU sind es 10.042. Und 2020 soll die HCU 8913 Euro bekommen, die Bauhaus Universität aber 12.707 Euro. Die Behauptung von Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt in der Bürgerschaft, die Hochschulen säßen auf fast 300 Millionen Euro Rücklagen, sei irreführend. Für die Anschaffung von Geräten oder den Aufbau von Instituten müssten Mittel bereitgehalten werden, die nicht über Nacht ausgegeben werden könnten.