Hamburg. Der Vorwurf war auf den ersten Blick polemisch und zugespitzt, aber er entfaltete eine verblüffende Wirkung. „Die Hühner auf einem Biohof haben vier Quadratmeter Freifläche, Schülern in Hamburg stehen nur fünf Quadratmeter auf dem Schulhof zu – das ist keine zukunftsorientierte Schulpolitik“, hielt Grünen-Schulpolitikerin Stefanie von Berg in der Bürgerschaft Schulsenator Ties Rabe (SPD) vor. Der SPD-Politiker holte prompt zum Gegenschlag aus. „Das haben wir noch nicht geregelt, aber die fünf Quadratmeter sind dummes Zeug“, wies Rabe die Grünen-Politikerin zurecht.

Da meldete sich der CDU-Abgeordnete Robert Heinemann mit einem Zwischenruf zu Wort. „Im Musterflächenprogramm des Senats für Schulen vom Oktober 2011, also zu Ihrer Zeit, steht: Die nutzbare Außenfläche sollte so groß sein, dass pro Schülerin bzw. Schüler fünf m² zur Verfügung stehen“, las Heinemann vor. „Sagen Sie noch immer, dass das dummes Zeug ist?“ Rabe blieb erstaunlicherweise bei seiner Aussage. „Ja, die fünf Quadratmeter sind dummes Zeug. Das ist noch nicht entschieden“, sagte er und sorgte damit für große Verblüffung zumindest aufseiten der Opposition. So blieb offen, ob der Senator sein eigenes Programm nicht kannte, für nicht bindend hält oder plant, die Vorgabe zu ändern.

Hinter dem Schlagabtausch im Parlament steckt ein ernstes Thema. Der SPD-geführte Senat hat Ende 2011 angekündigt, die Schulflächen staatlicher Schulen in Hamburg um 300.000 Quadratmeter – zehn Prozent – zu verringern. Die Flächen sollen für den Wohnungsbau genutzt werden, der Erlös aus einem Verkauf soll aber auch für Erweiterungen von Schulen genutzt werden, deren Schülerzahlen wachsen. Zwar wird in der Schulbehörde betont, dass die Marke nur eine „Zielvorgabe“ sei. Es sei möglich, dass die zehn Prozent aus pädagogischen Gründen nicht zu realisieren seien. Doch Eltern und Lehrer sind seitdem beunruhigt, weil sie nicht wissen, ob ihre Schule betroffen ist.

Die Behörde hat zwar alle Schulareale vermessen, aber noch keine Überlegungen vorgelegt, wo reduziert werden soll. „Der Senat verweigert der Öffentlichkeit, das Thema zu diskutieren. Das ist an der Grenze zum Skandal“, sagte CDU-Schulpolitikerin Karin Prien. „Hören Sie auf mit Ihrer Geheimniskrämerei!“, forderte auch Berg. Rabe betonte, dass die Auswertung der Messungen noch nicht abgeschlossen sei. Noch sei auch keine Schulfläche verringert worden. „Wir wollen Flächen abbauen, um an anderer Stelle dazuzukaufen – dort, wo wir mehr Platz benötigen“, sagte Rabe. Das Minus von zehn Prozent erwähnte er nicht.