Zum Tode des ehemaligen Oberbaudirektors Klaus Müller-Ibold

Hamburg. Er war als Stadtplaner und Architekt so begabt wie meinungsfreudig: Professor Dr.-Ing. Klaus Müller-Ibold, Hamburgs Oberbaudirektor und damit der höchste technische Beamte der Stadt von 1972 bis 1980, ist wie erst jetzt bekannt wurde, am 3. August 85-jährig in der Hansestadt verstorben. In seiner Amtszeit veränderte sich Hamburgs Infrastruktur dramatisch: Der Schnellbahnknoten Jungfernstieg, eine absolute technische Meisterleistung, wurde 1975 in Betrieb genommen, die Köhlbrandbrücke 1974, der Neue Elbtunnel 1975, die Alsterschwimmhalle an der Sechslingspforte und die Kattwykbrücke über die Süderelbe 1973, um nur diese Beispiele zu nennen, dazu problematische Großsiedlungen wie Mümmelmannsberg. Aber auch die Schockwellen des schlimmsten Behördenversagens, das Hamburg in der gesamten Nachkriegszeit erlebte, ausgelöst durch den Umweltskandal Stoltzenberg im September 1979, erreichten den Oberbaudirektor und die von ihm geführte Verwaltung.

Klaus Müller-Ibold hätte viel darum gegeben, wenn ihm die gleichen Möglichkeiten beschieden gewesen wären wie seinem Vorbild, dem legendären Oberbaudirektor Fritz Schumacher (1869–1947). Doch dazu kam es nicht. Die Gründe dafür lagen nicht nur in seiner polarisierenden Persönlichkeit, sondern vor allem in den völlig veränderten Rahmenbedingungen. Schumacher war von 1909 bis zu seiner Entlassung durch den NS-Senat im Mai 1933 völlig unangefochten im Amt und hatte administrative Zugriffsrechte, von denen der heutige Oberbaudirektor nur träumen kann. Zutreffend hat Müller-Ibold immer wieder beklagt, dass dieses Amt politisch „kastriert“ worden sei. Er selbst, der parteilos war, hat erlebt, wie der Oberbaudirektor sich immer wieder in höchst unterschiedlichen Interessenfeldern der SPD und ihres damaligen Koalitionspartners FDP zerrieb.

Nach seinem Ausscheiden hat er sich, als Berater gefragt, immer wieder kritisch zum Baugeschehen geäußert, zum Beispiel zur HafenCity: „Es ging alles zu schnell. Wenn man ein Gebiet so ruck, zuck an den Markt bringt, stößt man in eine Zeit gleichdenkender Architektur.“ Die Elbphilharmonie war für ihn „kein Prachtstück wie die Oper in Sydney. Mich stört das Massenverhältnis zwischen dem ehemaligen Kaispeicher und dem neuen Philharmonie-Baukörper.“ Zu seinen Lieblingsbauwerken gehörte das Chilehaus. Die Tanzenden Türme an der Reeperbahn hielt er für architektonisches „Showbusiness“, das er nicht genehmigt hätte. Klaus Müller-Ibold war ein überaus sachkundiger Mahner, der den Diskurs über Hamburgs städtebauliche Entwicklung befruchtet und bereichert hat. Seine Stimme wird man vermissen.