Grundstückseigentümer bezahlen 9,3 Millionen Euro für neue Gehwege, Laternen, Bänke und Bäume im Nikolai-Quartier.

Altstadt. Die bisher größte privat finanzierte Aufwertungsaktion in der Hamburger Innenstadt kann nach sechs Jahren Vorlauf beginnen. Mit dem Beschluss des Senats vom Dienstag nimmt das BID Nikolai-Quartier offiziell seine Arbeit auf. Ziel ist es, dem historisch bedeutsamen Viertel zwischen Rathaus und der Ruine der Nikolaikirche zu altem Glanz zu verhelfen.

9,3 Millionen Euro, allein aufgebracht von den Eigentümern der 70Grundstücke, sollen bis 2019 investiert werden – vor allem in neue, barrierefreie Gehwege, Beleuchtung, Bänke, Bäume und Fahrradbügel, aber auch in Marketing und Sauberkeit. Darüber hinaus soll die Verkehrsführung geändert werden, sodass der Adolphsplatz wieder ein echter Platz mit Aufenthaltsqualität und im Gegenzug der Große Burstah wieder in beide Richtungen befahrbar wird – zumindest für Busse und Lieferverkehr.

Das Nikolai-Quartier ist Europas größtes BID und so groß wie 17 Fußballfelder

BID steht für Business Improvement District und bedeutet einen per Gesetz geregelten Zusammenschluss aller Grundeigentümer in einem Viertel. Gestaffelt nach Grundstücksgröße müssen sie Abgaben in einen gemeinsamen Topf leisten, aus dem Verschönerungsmaßnahmen bezahlt werden. Das Nikolai-Quartier ist bereits das 16. BID in Hamburg. Zu den erfolgreichen Vorgängern gehören das Passagenviertel, der Neue Wall, aber auch Bezirkszentren in Bergedorf und Harburg.

„Das Nikolai-Quartier ist das Herz Hamburgs als Kaufmannsstadt“, betonte Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Vorsitzender des BID-Lenkungsausschusses und Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Mit dem Senatsbeschluss falle der Startschuss, „dieses Quartier wieder zu einem lebendigen Teil der Innenstadt mit hoher Aufenthaltsqualität für Bewohner, Konsumenten, Touristen und Beschäftigte zu machen“, sagt Schmidt-Trenz. Er hob hervor, dass erstmals ein BID für ein ganzes Viertel eingerichtet werde, während dies bislang nur für einzelne Straßenzüge geschehen war. Daher sei das Nikolai-Quartier „Europas größtes BID mit einer Fläche von 17 Fußballfeldern“.

Die Stadt unterstützt das Projekt, indem sie 2,85 Millionen Euro für die Grundinstandsetzung der Straßen Großer Burstah und Große Johannisstraße bereitstellt. „Mit diesen Maßnahmen wird das Nikolai-Quartier zur attraktiven Verbindung zwischen Innenstadt und HafenCity“, sagte Bausenatorin Jutta Blankau (SPD). Die Bauarbeiten sollen im Frühjahr 2015 an der Börsenbrücke beginnen. Die Umsetzung des Projekts koordiniert das Bauunternehmen Otto Wulff.

Bei den ansässigen Geschäftsinhabern stößt die Neugestaltung auf Zustimmung. „Wir setzen große Hoffnungen in die Veränderungen“, sagte Kevin Schütt, Inhaber von Schütt Optik und Mitglied im Lenkungsausschuss des BID. Nachdem in letzter Zeit viele Unternehmen die Umgebung seines Geschäfts am Großen Burstah 25 verlassen hätten, sei das BID Nikolai-Quartier eine große Chance. Aus diesem Grund habe er sich an diesem Standort zu einer Vertragsverlängerung für die nächsten 20Jahre entschieden. Dass mit den Verschönerungsmaßnahmen auch Mieterhöhungen einhergehen, ist dem Unternehmer bewusst. „Wenn der Mehrwert steigt, steigt auch die Miete – klar. Aber für alle Beteiligten sind die Veränderungen positiv“, sagt Schütt.

Auch Ingrid Osthues, Inhaberin des Marine- und Tropenausstatters Ernst Brendler, begrüßte die offizielle Einrichtung des BID. Zwar sei eine zu erwartende Mieterhöhung für ein individuelles Unternehmen wie ihres immer schwierig, die Verschönerung und Belebung des Viertels biete für ihr Geschäft an der Großen Johannisstraße 15 aber viele Möglichkeiten. „Alles, was man investiert, nutzt einem irgendwann“, sagt die 55-Jährige. Einziger Kritikpunkt sei für sie, dass die Anzahl der Parkplätze für ihre Kunden abnehmen könnte. Schmidt-Trenz habe jedoch versichert, dass die Zahl gleich bleibe. In der Patriotischen Gesellschaft an der Trostbrücke war das BID ebenfalls ein viel diskutiertes Thema, sagte Geschäftsführerin Wibke Kähler-Siemssen. „Für uns als gemeinnützige Organisation und Immobilienbesitzer sind die Kosten eine Herausforderung. Wir würden uns lieber durch Ideen als durch Geld einbringen.“ Dennoch sehe sie den Mehrwert des BID – schon wegen des Namens, der die historische Bedeutung des Viertels hervorhebt. Und eine Aufwertung des Umfelds würde mehr Publikum anlocken und so auch der Patriotischen Gesellschaft nützen. „Dieses Haus soll ein Ort für die Hamburger sein“, sagt Kähler-Siemssen.

Ein ehemaliges Bankgebäude wird zu einem Einkaufszentrum umgebaut

Obwohl das Viertel im Schatten des Rathauses als Keimzelle des Freihafens und Herz der Kaufmannsstadt Hamburg gilt, hatte es seinen einstigen Status als Top-Einkaufsadresse schon lange verloren. Bereits seit 2008 bereitete daher ein Lenkungsausschuss aus Grundeigentümern, Gewerbetreibenden und der Stadt unter Moderation der Kammer die Einrichtung eines BID vor.

Die neue Perspektive löste schnell Aufbruchstimmung aus: Zwischen den Banken am Adolphsplatz entsteht der Innovationscampus der Kammer, am Alten Wall wird das ehemalige Gebäude der Vereins- und Westbank zu einem Einkaufszentrum mit Tiefgarage für 230 Fahrzeuge umgebaut, und anstelle der früheren Allianz-Gebäude am Großen Burstah entstehen Büros, Läden, Gastronomie und Wohnungen. „Das Nikolai-Quartier“, prophezeite Senatorin Blankau, „wird in den kommenden fünf Jahren ein neues Gesicht bekommen.“