Ein Großteil der Senatoren ist im Urlaub, auch Bürgermeister Olaf Scholz fehlte am Dienstag in der Senatssitzung. Seine Stellvertreterin Stapelfeldt musste ran und leitete eine Minirunde.

Man muss sich das kuscheliger vorstellen als sonst. Die Sitzordnung wurde kurzerhand geändert, alle rückten enger zusammen. Am Ende gruppierten sich nur drei Leute um den großen ovalen Tisch in der Ratsstube. Eigentlich hätten alle unter den Baldachin aus grünem Samt gepasst, der sonst nur dem Bürgermeister und seiner Stellvertreterin vorbehalten ist. Vielleicht ist es den Senatoren Dorothee Stapelfeldt (Wissenschaft), Jana Schiedek (Justiz) und Detlef Scheele (Soziales) selbst etwas albern vorgekommen. Aber was soll man machen? Ein Großteil der Senatoren ist im Urlaub, auch Bürgermeister Olaf Scholz fehlte am Dienstag in der Senatssitzung. Seine Stellvertreterin Stapelfeldt musste ran und leitete die Minirunde, die sich statt um 9.15 Uhr erst um 10 Uhr traf. Es sind halt Sommerferien.

Schiedek und Scheele leisteten Hamburgs Zweiter Bürgermeisterin gleich mehrfach Gesellschaft. Sie wurden zu Multifunktionssenatoren (MFS). Denn auch wenn die meisten Senatoren gerade nicht im Dienst sind, muss jemand ihre Aufgaben übernehmen: Scheele ist Sozial-, Gesundheits- und Innensenator in Personalunion. Zeitweise muss er sich auch noch um die Schul- und Kulturbehörde kümmern. Schiedeks Vertretungsplan liest sich ebenso prall. Die Justizsenatorin ist zusätzlich für den Verkehr zuständig und wochenweise auch Finanz- und Kultursenatorin. Stapelfeldt ist wiederum als Stadtentwicklungssenatorin und für die Schulbehörde im Einsatz. Außenstehende mögen bei diesem Vertretungskonzept schnell den Überblick verlieren. Aber Hauptsache, die MFS bringen nichts durcheinander.

Gelegen dürfte Stapelfeldt, Schiedek und Scheele die Tatsache kommen, dass zurzeit keine wichtigen Entscheidungen anstehen. Die Tagesordnung der jüngsten Senatssitzung, die Regierungschefin Dorothee Stapelfeldt bereits nach sieben Minuten abgehakt hatte, war äußerst übersichtlich. Drei Punkte musste das Trio bearbeiten: Zweite Verordnung zur Änderung der Weiterübertragungsverordnung-Gerichtswesen, Beamtenernennungen und Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft, „Tourismus stärken – Nachhaltigkeit fördern“. Die ganz großen Themen, das räumt auch die Senatspressestelle ein, brauchen auch mal Ferien.

Der Schulsenator war kurz im Harz, der Innensenator urlaubt in der Türkei

Vergleichsweise lange dauerte dagegen die Senatsvorbesprechung. Dabei wurden sogar die offenkundigen Themen wie Urlaubspläne, das schöne Wetter oder die Kinder ausgespart. „Wie fast jeden Dienstag, war die Flüchtlingspolitik ein großes Thema“, erzählen Teilnehmer der Runde. Vor allem Detlef Scheele, der als Sozial- und Innensenator gleich doppelt von der Problematik gefordert wird, Flüchtlinge adäquat in der Stadt unterzubringen, dürfte hierzu einiges gesagt haben.

Bürgermeister Olaf Scholz ist unterdessen „ortsabwesend“, wie es im Rathaus etwas technokratisch heißt. Mit seiner Frau ist er für eine Rundreise in die USA geflogen. Wohin genau, bleibt geheim. Trotz seines Aufenthalts auf einem anderen Kontinent, ist Scholz beruhigenderweise nicht aus der Welt: Die ständige Erreichbarkeit ist für ihn selbstverständlich. „Er bekommt alles mit und nimmt mindestens einmal am Tag Kontakt mit seinem Büro auf“, heißt es aus dem Rathaus.

In einer E-Mail forderte Scholz seine Mitarbeiter sogar auf, ihn nachts aus dem Bett zu klingeln, falls nötig. „Jede erforderliche Kommunikation mit mir ist möglich. Ich lasse mein Telefon laut gestellt“, heißt es in der Nachricht an das Bürgermeisterbüro und die Senatspressestelle. Bei brisanten Themen wie der Elbvertiefung, die gerade vorm Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt wird, bringt sich der Chef sogar mehrfach am Tag auf den neuesten Stand. „Bitte ruft mich ungeniert an, wenn es nötig sein sollte“, ließ Olaf Scholz seine Mitarbeiter wissen. „Bei so einer wichtigen Sache muss niemand auf mich Rücksicht nehmen.“

Während der Bürgermeister mehrere Tausend Kilometer entfernt Urlaub macht, suchen die Senatoren vorzugsweise in der Heimat Erholung. Sozialsenator Scheele plant eine Radtour durch Schleswig-Holstein mit seiner Familie, Dorothee Stapelfeldt wird sich dort um ihren Enkel kümmern, und die junge Mutter Jana Schiedek will auf Norderney relaxen. In die Ferne treibt es auch Bausenatorin Jutta Blankau nicht. Sie entspannt an der Lübecker Bucht. Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) hat es ebenfalls an die Ostsee gezogen: Er genießt die Sonne auf einem Segeltörn. Kultursenatorin Barbara Kisseler (auch parteilos) erholt sich in den Alpen, und Finanzsenator Peter Tschentscher weilt mit seiner Familie in Österreich. Während Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks nach Frankreich und Innensenator Michael Neumann in die Türkei gereist sind.

Der Einzige, der nur kurz im Harz war und dann schnell wieder nach Hamburg kam, ist Schulsenator Ties Rabe. Er genießt es, in Ruhe Klavierstücke einzuüben, Gedichte zu lesen und sich mit seiner Modelleisenbahn zu beschäftigen. Vergangenen Dienstag hat er seine Eisenbahnen jedoch sicher nicht bedient. Denn wäre Rabe in Hamburg gewesen, wäre er verpflichtet gewesen, an der Senatssitzung teilzunehmen – Urlaub hin oder her.

Noch nicht in Ferienlaune sind die Fraktionschefs der SPD und CDU. Andreas Dressel und Dietrich Wersich touren gerade fleißig durch die Stadtteile. „Bisher haben wir uns noch nicht getroffen“, sagte Dressel. Aber das könnte noch kommen. Dass sie dabei so eng zusammenrücken wie der Drei-Personen-Senat ist jedoch unwahrscheinlich. Wahlkampf macht keinen Urlaub.