Grünen-Chefin spricht von „Kapazitätskollaps“. Pik As überbelegt. Senat will jeden Monat 350 Plätze schaffen

Hamburg. Der Hamburger Senat hält die bestehenden Hilfs- und Übernachtungsangebote für obdachlose Menschen für unzureichend und plant deshalb „eine erhebliche Ausweitung der öffentlichen Unterbringung“ in der Hansestadt. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bürgerschaftsabgeordneten Katharina Fegebank hervor.

Allein die Übernachtungsstätte Pik As in der Neustadt, häufig die erste Anlaufstelle für Obdachlose, hatte zum Stichtag 31.Mai 2014 eine Auslastungsquote von 131,4 Prozent. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag die Auslastung zum selben Zeitpunkt bei „nur“ 79 Prozent. Die Überbelegung des Pik As begründet der Senat damit, dass „sich dort aktuell zum überwiegenden Teil Bewohner langfristig aufhalten, denen noch keine Wohnunterkunft angeboten“ werden konnte.

Für Katharina Fegebank steht die Überfüllung im Pik As beispielhaft für die angespannte Situation in der öffentlichen Unterbringung. „Das Hamburger Hilfesystem für Obdachlose steht vor dem Kapazitätskollaps“, sagte sie dem Abendblatt. „Obwohl die Obdachlosen Anspruch auf einen Platz hätten, bekommen sie keinen.“ Bereits 2012 hätten mehr als 700 Personen auf der Warteliste für einen Platz in der öffentlichen Unterbringung gestanden. „Auch das Personal in den Einrichtungen arbeitet an der Grenze der Belastbarkeit“, sagte die sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Die Grünen haben den Eindruck, die Obdachlosigkeit habe zugenommen

Bereits Anfang März ging aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Martina Kaesbach hervor, dass von den 72 Unterkünften, die Hamburg für Obdachlose und Flüchtlinge zur Verfügung stellt, 20 überbelegt sind. Damals waren im Pik As 54 Menschen mehr untergebracht als vorgesehen. Tatsächlich sollen dort lediglich 210 Menschen untergebracht werden.

„Wir haben den Eindruck, dass die Obdachlosigkeit in Hamburg weiter zunimmt“, sagte Fegebank. Ein Grund sei der Mangel an Sozialwohnungen. „Zusätzlich ist die Aufenthaltsdauer in den Unterbringungen zu lang“, sagte sie. Eigentlich ist die öffentliche Unterbringung als Übergangslösung gedacht. Doch durch die fehlenden Wohnungen gelinge es nicht, die Menschen in Wohnungen zu vermitteln. „Zum Beispiel gelang es im Januar nur 36 Personen, von der Unterbringung in eine Wohnung umzuziehen“, sagte Fegebank. „Das ist beschämend wenig in einer Millionenstadt wie Hamburg.

Als besonders gefordert, mehr Obdachlose aufzunehmen, sieht die Grünen-Politikerin die städtische Wohnungsgesellschaft Saga GWG. „Und für neu gebaute Sozialwohnungen fordern wir weiterhin eine feste Quote“, sagte sie. Zudem plädieren die Grünen dafür, dass es eine schnelle unbürokratische Ausweitung der öffentlichen Unterbringung gibt. Fegebank: „Als Übergangslösung, bis wir mehr Plätze und auch Wohnungen haben, können wir uns Einrichtungen wie das Containerdorf in Barmbek vorstellen.“

Ksenija Bekeris, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, bestätigt, dass der Senat die öffentliche Unterbringung erheblich ausweiten will. „Wir müssen jeden Monat 350 neue Plätze schaffen, um überwiegend Flüchtlinge, aber auch Obdachlose unterbringen zu können“, sagte sie. Momentan lebten rund 3000 Obdachlose und 7000 bis 8000 Flüchtlinge in der öffentlichen Unterbringung. „Diese ist voll belegt. Deshalb müssen wir neue Plätze schaffen, auch um die Übernachtungsstätte Pik As zu entlasten.“

Die SPD-Politikerin betonte, dass man sich verstärkt um den sozialen Wohnungsbau kümmern müsse. „Das machen wir bereits“, sagte Bekeris. Überall, wo neues Baurecht gewährt wird, muss ein Drittel geförderter Wohnraum entstehen. „Aber es muss noch weitergehen“, sagte sie und wies darauf hin, dass man 2011 einen Wohnungsbau übernommen habe, der fast zum Erliegen gekommen war. Bekeris: „Einen Stillstand von zehn Jahren kann man nicht mit einem Fingerschnipp ändern.“