Opposition in der Bürgerschaft fordert neue Hochschulpolitik. Scharfe Kritik an SPD-Politikerin Stapelfeldt

Hamburg. Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) brauchte am Donnerstagnachmittag ein dickes Fell. In der Bürgerschaft prasselte massive Kritik von Seiten der CDU, FDP und Grünen auf sie ein: Sie habe drei Jahre lang rein gar nichts getan, um den Wissenschaftsstandort Hamburg zu stärken, schwere Fehler begangen, die Hochschulen schlecht behandelt und die Unterfinanzierung verschärft.

„Sie besitzen als Senatorin kein Vertrauen in der Wissenschaftsszene, Sie werden nicht ernst genommen“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich in Richtung Stapelfeldt. Es müsse endlich Schluss sein mit der „Misshandlung der Hochschulen durch das Rasenmäherprinzip“. Wersich forderte: „Wir brauchen einen Politikwechsel in der Wissenschaft.“

Es war nicht der einzige hitzige Redebeitrag in der Aktuellen Stunde, in der die Abgeordneten über den Wissenschaftsstandort Hamburg diskutierten. Sowohl CDU als auch FDP hatten das Thema mit der Überschrift „In Sorge um Hamburg“ angemeldet.

„Der Hochschulstandort steht nicht im Fokus Ihrer Politik“, warf die FDP-Fraktionschefin Katja Suding der Senatorin vor. „Sie haben 3,9 Millionen Euro locker gemacht, um mit großem Medien-Tamtam in Bergedorf einen Energiecampus zu eröffnen“, sagte Suding. Aber 260 Millionen Euro würden für ein sogenanntes Busbeschleunigungsprogramm ausgegeben, das lediglich zu Staus und Stadtverödung führe. „Das ist grundfalsche Vernachlässigung von Wissenschaft und Forschung.“

Den Anstoß zur Debatte hatten der Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) und die beiden Ex-Senatoren Wolfgang Peiner (CDU) und Willfried Maier (Grüne) gegeben. Die drei Politiker hatten vergangene Woche einen parteiübergreifenden Beschluss von Senat und Bürgerschaft gefordert, der den Ausbau zur Wissenschaftsmetropole festschreibt und mit einem verbindlichen Finanzkonzept verbindet.

Mit dem Appell will das Trio dafür sorgen, dass Hamburg zu einem führenden Standort für Wissenschaft und Forschung ausgebaut wird. Denn sie sehen die Gefahr, dass Hamburg im Wettbewerb der Städte weiter zurückfallen wird. Sie kritisieren vor allem, dass Wissenschaft, Universitäten und Forschungseinrichtungen bisher bestenfalls zweitklassig seien, es kaum Spitzenleistung und kein Gesamtkonzept gebe. „Wenn drei so renommierte und unterschiedliche Hamburger Persönlichkeiten vor dem Abstieg Hamburgs in die internationale Bedeutungslosigkeit warnen, dann sollte der Erste Bürgermeister handeln“, sagte Suding gestern. Ihr FDP-Fraktionskollege Wieland Schinnenburg plädierte für eine bessere finanzielle Ausstattung der staatlichen Hochschulen, faire Behandlung der privaten Hochschulen, stärkere Internationalisierung und mehr Autonomie.

Stapelfeldt will sich mit Dohnanyi, Peiner und Maier zum Gespräch treffen

„Der SPD-Senat muss die Mahnungen und Analysen vieler Experten endlich ernst nehmen und seine Fehler in der Hochschulpolitik korrigieren“, mahnte auch der CDU-Wissenschaftsexperte Thilo Kleibauer. Hamburg brauche leistungsstarke und selbständige Hochschulen mit verlässlichen finanziellen Rahmenbedingungen. „Wir brauchen mehr Exzellenz statt Mittelmaß“, sagte Kleibauer. Zu den schwerwiegenden Fehlern zählt der CDU-Politiker auch den Wegfall des Ausgleichs für Tarifsteigerungen in den Uni-Etats und die Auflösung der unabhängigen Wissenschaftsstiftung. „Nach über drei Jahren im Amt hat die Wissenschaftssenatorin noch immer keine Leitlinien zur Hochschulentwicklung vorgelegt.“

Während sich die Vertreter der Opposition enthusiastisch in Rage redeten, wirkte Dorothee Stapelfeldt eher blass hinterm Rednerpult. „Hamburg muss eine positive Haltung zu Wissenschaft und Forschung entwickeln“, sagte sie und wiederholte damit die Worte, die Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) erst vor wenigen Tagen gewählt hatte. „Zudem brauchen wir mehr Selbstbewusstsein in Wissenschaft und Forschung“, sagte Stapelfeldt. Wichtig sei auch, die vorhandenen Stärken und Initiativen ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Der Appell des Altbürgermeisters und der beiden Ex-Senatoren verstehe sie als einen Anstoß. Deshalb habe sie die drei zum Gedankenaustausch eingeladen.

Wenig begeistert zeigte sich die Grünen-Abgeordnete Eva Gümbel vom Beitrag der Senatorin. „Das war ein unengagierter und langweiliger Sing-sang“, urteilte Gümbel. „Wissenschaft ist mehr als PR-Organisation.“ Die Streitschrift von Klaus von Dohnanyi, Wolfgang Peiner und Willfried Maier sei eindeutig: „In Hamburg wird keine Wissenschaftspolitik betrieben“, sagte sie. Dass der Senat keinen Hochschulentwicklungsplan vorlegt habe, sei politisches Versagen. Die Grünen-Politikerin schließt sich deshalb dem Vorschlag der Verfasser der Streitschrift an, dass ein internationales Expertengremium ein Konzept für die Wissenschaftsmetropole Hamburg erarbeitet. Gümbel: „Das ist sehr gut geeignet, die Defizite der Senatspolitik auszugleichen.“