Der berufliche Werdegang von Kulturstaatsrat Nikolas Hill nahm eine neue Wendung, man könnte auch sagen einen deutlichen Aufstieg.

Wichtige Personalien werden im Rathaus gern diskret erledigt. Das funktioniert am besten, wenn die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung gelenkt ist. Die Aktuelle Stunde über den Rückkauf der Energienetze war am Mittwoch in der Bürgerschaft gerade beendet worden, als sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) – er hatte der lebhaften Debatte, wie es seine Art ist, mal amüsiert, mal ernst gelauscht – von der Senatsbank erhob und den Plenarsaal verließ. Vor dem Bürgermeisterbüro auf der anderen Seite des Rathauses wartete bereits ein Besucher: Kulturstaatsrat Nikolas Hill.

Während die Abgeordneten der Bürgerschaft eine Deputierte der Justizbehörde wählten, nahm der berufliche Werdegang Hills eine neue Wendung, man könnte auch sagen: einen deutlichen Aufstieg. Scholz fragte den 41 Jahre alten Juristen, ob er Lust habe, als Staatsrat in die Justizbehörde zu wechseln, was der bejahte. Verglichen mit dem recht überschaubaren Kulturressort ist die Behörde für Justiz und Gleichstellung – so die offizielle Bezeichnung – an der Drehbahn in der Neustadt mit rund 4000 Mitarbeitern ein ziemlich großer, wenngleich auch ein sehr spezieller Laden.

Scholz’ Entscheidung ist Ausdruck der Wertschätzung für Hill, der am Krisenmanagement in Sachen Elbphilharmonie maßgeblich beteiligt war und die Neuaufstellung des Projekts bis zuletzt juristisch für den Senat begleitete. Zugleich ist die Personalie nicht ohne Pikanterie: Hill, der seit 2009 Kulturstaatsrat ist, hat ein CDU-Parteibuch. Mehr noch: Der Jurist ist der letzte verbliebene Schwarze im roten Senat.

Der Bürgermeister bleibt mit der Berufung Hills seinem Prinzip treu, dass bei den Staatsräten nicht das Parteibuch, sondern vor allem Kompetenz und Verwaltungserfahrung zählen. Hill war vor seinem Wechsel in das Syndikat, wie das Kollegium der Staatsräte intern auch genannt wird, drei Jahre lang Leiter des Planungsstabs in der Senatskanzlei, gewissermaßen die Denkfabrik im Rathaus mit exzellentem Über- und Einblick in alle Behörden.

Christdemokrat Hill und Justizsenatorin Schiedek (SPD) schätzen und duzen sich

Scholz und Hill waren sich schnell einig, dass der Staatsrat im Aufsichtsrat der Bau KG der Elbphilharmonie bleibt und so weiterhin ein Auge auf das Werden des Prestigebaus werfen kann. Dort, im Aufsichtsrat der Bau KG, sitzt auch Wissenschafts-Staatsrat Horst-Michael Pelikahn, der Teil zwei der Rochade ist, die Scholz angeschoben hat und die der Senat am Dienstag per Neuordnung der Geschäftsverteilung vollziehen wird. Der 61 Jahre alte Pelikahn, der schon als Senatsdirektor in der Baubehörde mit der Elbphilharmonie zu tun hatte, soll in Personalunion auch Staatsrat in der Kulturbehörde werden.

Die Doppelfunktion gilt als vertretbar, weil beide Behörden nicht zuletzt über Apparate und Ämter verfügen, die traditionell stark ihre Eigenständigkeit betonen. Was für Hochschulen und Theater in gleichem Maße gilt. Und: Kultur und Wissenschaft standen in Hamburg schon einmal unter einer politischen Leitung. Der Freidemokrat Ingo von Münch war von 1987 bis 1991 Zweiter Bürgermeister sowie Wissenschafts- und Kultursenator. Schon ist aus dem Rathaus zu hören, die Entscheidung für den doppelten Pelikahn sei kein Indiz dafür, dass Scholz im Falle einer Wiederwahl 2015 plane, beide Behörden zusammenzulegen.

Richtig ist daran in jedem Fall, dass Scholz ein Jahr vor der Wahl die Lücke, die der Wechsel von Justizstaatsrat Ralph Kleindiek nach Berlin als Staatssekretär ins Bundesfamilienministerium gerissen hat, mit Bordmitteln und also kostengünstig gelöst hat. Zunächst war damit gerechnet worden, dass Scholz eine Frau an die Seite von Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) holen würde. Gesundheits-Staatsrätin Elke Badde ist die einzige Frau neben 13 Männern im Syndikat. Das ist nicht gerade ein überzeugender Ausdruck sozialdemokratischer Gleichstellungsbestrebungen. Aber Scholz scheute wohl auch das Risiko, nach der Wahl mit einer möglichen neuen Regierungskonstellation eventuell eine teure „Spaziergängerin“ zu produzieren.

Wie auch immer: Schiedek und Hill kennen und schätzen sich, man ist per Du. Der Christdemokrat tritt seine Aufgabe an der Spitze der Justizbehörde in einer Phase des Übergangs an. Schiedek, die gerade ihr erstes Kind erwartet, wird nach der Geburt zwei Monate pausieren und in der Folgezeit voraussichtlich kürzer treten. Und es stehen mindestens zwei wichtige Personalentscheidungen an: Rolf Gestefeld, Präsident des Oberverwaltungsgerichts, geht in den Ruhestand. Auch der vakante Posten des Präsidenten des Landessozialgerichts soll wieder besetzt werden.

Der frühere Staatsrat Kleindiek hatte eine Strukturreform angeschoben, die einen Neuzuschnitt der Ämter vorsieht. Ein Ergebnis wäre, dass Holger Schatz, Leiter des Strafvollzugsamtes, mehr Kompetenzen erhält. Die Frage ist, ob Hill die Reform, die wohl auch auf Kleindieks Arbeitsschwerpunkte zugeschnitten war, vorantreiben will.

Dass Hill selbst Jurist ist, hilft ausgesprochen in einer Behörde, in der in erster Linie Juristen arbeiten. Vor allem die Richterschaft pflegt einen bisweilen sehr selbstbewussten Umgang mit der Behördenleitung und Nichtjuristen stehen da schnell unter Generalverdacht. Hill kennt die Behörde mit all ihren Untiefen und Grabenkämpfen zwar nicht von innen. Aber der Christdemokrat war in den Jahren nach 2000 immerhin Deputierter der Justizbehörde. So gesehen ist der Wechsel Hills an die Drehbahn sogar eine Rückkehr.