Schulbehörde wehrt sich gegen „unseriöse Behauptungen“. Leiter der Leistungsvergleichsstudie will rechtliche Schritte prüfen. Professor: „Mit der KESS-Studie wird die Öffentlichkeit hinters Licht geführt.“

Hamburg. Die Hamburger Leistungsvergleichsstudie KESS (Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schülern) sorgt erneut für Zündstoff. Hans Peter Klein, Professor an der Universität Frankfurt, hat die Ergebnisse der Studie mit einem Expertenteam unter die Lupe genommen.

Sein Ergebnis ist vernichtend: „Mit der KESS-Studie wird die Öffentlichkeit hinters Licht geführt“, sagte Klein. „Aus der Studie abzuleiten, die Leistungen der Abiturienten in Hamburg seien besser geworden, ist falsch, da die Abiturarbeiten gar nicht miteinander verglichen worden sind.“ Sinn der Studie sei, als Stadt gut dazustehen. In der KESS-12-Studie wurden die Leistungen von Abiturienten im Jahr 2011 mit den Leistungen aus dem Jahr 2005 verglichen.

„Viele der Aufgaben zur ‚voruniversitären Mathematik‘ bewegen sich allenfalls auf Mittelstufenniveau“, sagte Klein. Etwa müsse der Schüler 90 mal 12 ausrechnen, um zu sehen, dass die Summe größer als 800 ist. „Das sollten auch Hauptschüler können“, so Klein. „Bei den Biologieaufgaben lässt sich die Lösung direkt dem Arbeitsmaterial entnehmen, es reicht also aus, einigermaßen lesen zu können.“ Im Bereich Sprachen seien zudem die Bewertungsvorschriften deutlich nach unten korrigiert worden. „Der Fehlerquotient floss 2005 neben dem sprachlichen Ausdruck noch mit 50 Prozent in die Bewertung der sprachlichen Leistungen ein.“ Seit 2008 sei dies verboten. „Zudem sind zweisprachige Wörterbücher erlaubt, 2005 waren nur einsprachige zugelassen.“ Des Weiteren bemängelt der Professor, dass es eine deutliche Verlängerung der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Verkürzung der Aufgabenstellung gebe. Die Hamburger Schulbehörde und der KESS-Studienleiter wehren sich vehement gegen die Vorwürfe. „Insgesamt sind die Aussagen über die KESS-Studie derart unseriös, dass ich rechtliche Schritte prüfe“, sagte Studienleiter Ulrich Vieluf. „Es ist bedauerlich, dass die klaren Ergebnisse unserer Studie derzeit mit unseriösen Behauptungen verunglimpft werden.“

„Die KESS-12-Studie hat eindeutig bewiesen, dass die Leistungen der Abiturienten an den Gymnasien von 2005 bis 2011 gleich geblieben oder sogar besser geworden sind“, sagte Behördensprecher Peter Albrecht. Dass die Ergebnisse nun mit wissenschaftlich unseriösen Methoden und zahllosen Falschaussagen auf den Kopf gestellt würden, sei bedauerlich. Der Trend zu mehr Abiturienten sei zudem kein Hamburger Phänomen, sondern bestehe in allen Bundesländern und unabhängig von der jeweiligen Regierung.

Ulrich Vieluf betonte, dass die Testaufgaben ganz bewusst ein breites Leistungsspektrum abdeckten. „So beziehen sich 17 der insgesamt 64 Testaufgaben in Mathematik auf den Lernstoff der Sekundarstufe I , die anderen 47 hingegen auf den Stoff der gymnasialen Oberstufe, also der ‚voruniversitären Mathematik‘.“ Ein Großteil der von Klein wiedergegebenen Testaufgaben seien zudem in der Studie überhaupt nicht verwendet worden. Die Behörde wehrte sich auch gegen den Vorwurf, die Schüler hätten im Vergleich zu 2005 mehr Zeit zum Lösen von den Aufgaben im Mathegrundkurs gehabt. „Der reine Vergleich der Anzahl der Aufgaben ist irreführend“, sagte Albrecht. So seien die 2013 verwendeten zwei Aufgaben komplexer als die drei Aufgaben im Jahr 2005.