Die Opposition greift den Bürgermeister in der Debatte um neue Elbphilharmonie-Verträge scharf an und verweigert ihre Zustimmung

Hamburg. Wenn die Elbphilharmonie 2017 oder doch vielleicht etwas eher eröffnet wird, soll sie ein Tempel der Hochkultur sein. 400.000 Besucher aus aller Welt würden die 400Konzerte jährlich besuchen, warb Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in der Bürgerschaft für das Projekt. Eine einzige Sitzung des Parlaments dürfte den hohen Ansprüchen an das Gebäude dann kaum genügen, jedenfalls nicht in der dissonanten Verfassung, in der sich die Bürgerschaft am Mittwoch zeigte.

Drei Stunden lang debattierten die Abgeordneten über die Frage, ob sie der Neuordnung des Projekts und der Kostensteigerung um 256 Millionen Euro zustimmen sollten. Doch von einer angemessenen Auseinandersetzung konnte keine Rede sein, was vor allem daran lag, dass der Senat kaum auf die inhaltliche Kritik der Opposition einging. Stattdessen glitt die Aufführung zeitweise in wüste verbale Keilerei ab.

Den Ton hatte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel vorgegeben. „Die Bürgerschaft steht vor einer schweren Entscheidung, und dieser Entscheidung kann heute niemand ausweichen“, sagte er . Eine Neuordnungsvereinbarung mit dem Baukonzern Hochtief oder dessen Kündigung und in der Folge ein unabsehbares Chaos für die Stadt, dazwischen müsse entschieden werden. „Ein ‚Wünsch dir was‘ steht nicht zur Verfügung“, sagte Dressel, der einräumte, dass die Einigung einen „fast unvertretbar hohen Preis“ habe. Dafür gebe es aber einen einmalige Haftungs- und Garantieübernahme durch Hochtief, was alle externen Gutachter gelobt hätten.

Indirekt unterstellte der SPD-Frontmann damit allen, die die Neuordnung ablehnen, dass sie für eine Kündigung wären, was mitnichten der Fall ist. Sowohl CDU als auch Grüne und FDP – die Linke ist prinzipiell gegen das Projekt – stellten ihre Position vergleichsweise sachlich und differenziert dar: Ja, sie stünden weiter zum Bau der Elbphilharmonie. Ja, die von Scholz ausgehandelten neuen Verträge seien besser als alles bisher Dagewesene. Aber die 195 Millionen Euro mehr, die allein an Hochtief gehen, wie kommen die zustande? „Diese fast 200 Millionen sind ein politischer Preis, vom Bürgermeister persönlich ausgehandelt, um sich politisch Ruhe zu erkaufen“, sagte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich.

Nachdem Scholz am Freitag nicht in den Haushaltsausschuss gekommen war, um dort Rede und Antwort zu stehen (das habe noch nie ein Bürgermeister gemacht, hieß es), gingen auch am Mittwoch weder er noch Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) auf diesen zentralen Punkt ein. Stattdessen griff vor allem Kisseler CDU und Grüne heftig an. Deren Äußerungen vernehme sie „nur mit Erstaunen“, sagte sie. „Wenn ich Sie nach Ihrer Haltung frage, muss ich feststellen: Sie haben keine.“ Und an den Oppositionsführer gewandt, bemühte die Senatorin ein Mephisto-Zitat: „Sie wissen schon, Herr Wersich: Ich bin der Geist, der stets verneint.“ Zeitweise ging ihre Rede im Gejohle der Opposition unter.

„Sie sind auf keinen unserer Zweifel eingegangen“, hatte FDP-Fraktionschefin Katja Suding zuvor schon in Richtung Olaf Scholz kritisiert. Dass dieser der Opposition Parteipolitik unterstelle, finde sie „frech“. Das bezog sich auf die Frage des Bürgermeisters: „Was machen Sie eigentlich, wenn alles gut geht?" Anja Hajduk (Grüne) analysierte Scholz’ Verhalten spitzzüngig: „Der Bürgermeister ist ja ein kluger Mann, er durchdringt komplexe Sachverhalte und kann gut zuhören.“ Wenn so jemand auf eine so zentrale Frage wie die nach den Kosten nichts sage, könne das nur eines bedeuten: „Er hat darauf keine Antwort.“ Norbert Hackbusch (Linke) fasste es deftiger zusammen: „Die Elbphilharmonie steht bundesweit für Größenwahn und politische Dummheit.“ Die Stadt werde von Hochtief ausgenommen „wie eine Weihnachtsgans“.

Auf die Kritik, die Einigung hätte man schneller und billiger haben können, ging Scholz ein. Die umfassenden Garantien habe Hochtief erst Ende 2012 angeboten: „Die hätte es nicht eher geben können.“ Aber um so „hart und stark“ zu verhandeln, brauche es „starke Nerven“, lobte Scholz die eigene Konstitution. Da gab es dann doch etwas versöhnliches Geschmunzel.