Ein Viertel der Kosten für 20 Pflichtverteidiger entfiel auf Reisekosten. Pro Prozesstag erhielt jeder auswärtige Verteidiger zur Gebühr von 316 Euro weitere 226 Euro für Reise- und Fahrtkosten.

Hamburg. Fast 3,5 Millionen Euro hat der Prozess gegen die zehn somalischen Piraten gekostet. Mit einer Dauer von 105 Verhandlungstagen avancierte das Verfahren um den Angriff auf den Containerfrachter „Taipan“ im April 2010 zu einem der teuersten, längsten und aufwendigsten Prozesse der Hamburger Justizgeschichte. Das ist das Ergebnis einer Studie der Justizbehörde, die dem Abendblatt vorliegt (wir berichteten). In dem Papier ließ eine weitere Zahl aufhorchen: Von den 940.000 Euro für die 20 Pflichtverteidiger entfielen 214.000 Euro – also rund ein Viertel – auf die Reisekosten der neun auswärtigen Rechtsanwälte.

Laut der Studie hatten es die Anwälte, die unter anderem aus Frankfurt, Mönchengladbach, Kiel und Dortmund zum Prozess angereist waren, mit der Kostendisziplin nicht allzu genau genommen. Obgleich das Landgericht die Termine frühzeitig bekannt gegeben und häufig an zwei aufeinanderfolgenden Tagen verhandelt habe, damit Fahrtkosten nur einmal für beide Verhandlungstage anfielen, seien die Buchungen nicht selten „sehr kurzfristig“ erfolgt. Dadurch seien regelmäßig „recht hohe Flug- und Hotelkosten abgerechnet worden.“

Ein Pflichtverteidiger darf sich das bequemste Verkehrsmittel aussuchen

Pro Prozesstag erhielt jeder auswärtige Verteidiger zur Gebühr von 316 Euro weitere 226 Euro für Reise- und Fahrtkosten. Die Erstattung der Reisekosten ist nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) recht großzügig bemessen: Grundsätzlich darf ein Pflichtverteidiger das bequemste Verkehrsmittel wählen – damit ist etwa eine Bahnfahrt erster Klasse gemeint.

Das Papier der Justizbehörde präsentiert eine ganze Reihe von Vorschlägen, wie sich bei künftigen Verfahren zu hohe Ausgaben zulasten des Staates im Zaum halten ließen. Die Auswahl eines Pflichtverteidigers auf ortsansässige Anwälte zu beschränken oder auswärtige Pflichtverteidiger zu bezahlen wie hiesige hätte zwar den stärksten Spareffekt. Dem entgegen stünde aber das Recht auf ein faires Verfahren, zudem habe der Gesetzgeber erst 2009 geregelt, dass das Kriterium der Ortsnähe für die Beiordnung eines Verteidigers keine Rolle mehr spielen dürfe. Die Justizbehörde plane auch nicht, eine entsprechende Bundesrats-Initiative auf den Weg zu bringen, sagte ein Sprecher.

Die Reisekosten auswärtiger Anwälte ließen sich am ehesten beschränken, wenn bei der Abrechnung künftig nicht das RVG, sondern das für Bundesrichter und Beamte geltende Bundesreisekostengesetz zugrunde gelegt würde, so die Studie. Die Vorschriften legen fest, dass in der Regel nur die Kosten der niedrigsten Beförderungsklasse erstattet werden. „Was für Bundesrichter richtig ist, kann für beigeordnete Verteidiger nicht ganz unangemessen sein“, heißt es.