Bürgerschaft debattiert über die etwa 300 gestrandeten Afrikaner - Opposition fordert mehr Zeit

Altstadt. Im Streit um die in Hamburg gestrandeten Flüchtlinge aus Libyen hat der SPD-Senat Hoffnungen der Betroffenen auf ein dauerhaftes Bleibrecht eine klare Absage erteilt. "Die Rechtslage ist eindeutig und die Perspektive kann nur die Ausreise nach Italien sein", sagte Innensenator Michael Neumann (SPD) am Mittwoch in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft und fügte hinzu: "Wir kommen aus den rechtlichen Notwendigkeiten nicht heraus." Auch Bürgermeister Olaf Scholz hatte unlängst in einem Interview erklärt: "Die Männer haben in Hamburg keine Perspektive."

Die aus Libyen kommenden Flüchtlinge hätten ein Touristenvisum und seien eigentlich verpflichtet, spätestens nach drei Monaten wieder auszureisen, sagte Neumann. Diese Frist sei längst abgelaufen. Bereits zum Ende des Winternotprogramms im Frühjahr sei den Betroffenen Hilfe und eine vorübergehende Unterbringung angeboten worden. Diese Hilfe hätte jedoch eine Einzelfallprüfung und eine Feststellung der Personalien zur Folge gehabt. Das aber habe die übergroße Mehrheit der Flüchtlinge abgelehnt.

Abgeordnete von Grünen und der Linken verteidigten in der Debatte ihren am Dienstag unterbreiteten Vorschlag, ein sechsmonatiges Moratorium auszusprechen. "Es geht nicht um das Signal: Alle können hier bleiben", sagte die Grünen-Politikerin Antje Möller. Vielmehr gehe es um eine Frist, in der eine humanitäre Lösung für die Flüchtlinge gefunden werden könne.

Die ersten libyschen Flüchtlinge mit italienischen Papieren waren in Hamburg Ende Februar bei Polizeikontrollen entdeckt worden. Unklar ist bislang, wie viele Flüchtlinge der Hansestadt leben. Konservative Schätzungen gehen von rund 100 aus. Linke und Grüne sprechen hingegen von 300 Flüchtlingen.

Die Linken-Abgeordnete Christiane Schneider verwies in der Debatte auf die Unterstützung vieler einfacher Bürger. Die Kirche habe die Flüchtlinge aufgenommen, Schulklassen sammelten Nahrungsmittel, Ärzte kümmerten sich um die Versorgung. "Die Zivilgesellschaft hat gehandelt, wo der Senat untätig blieb", sagte die Politikerin.

Die Grünen-Abgeordnete Katharina Fegebank räumte ein, dass ein Moratorium nicht alle Probleme löse. Ein vorübergehendes Bleiberecht verstoße aber auch nicht gegen geltendes Recht. "Das, was wir mit dem Moratorium wollen, ist Zeit für eine unabhängige Beratung." Der Unionsabgeordnete Kai Voet van Vormizeele verwies auf das Angebot des Senats an die Flüchtlinge und die Diakonie. Wer aber Hilfe von der Stadt erwarte, habe kein "Recht auf Anonymität". Das Beharren der Flüchtlinge auf ihrer Position habe die Situation in den vergangenen Tagen verschärft.

Voet van Vormizeele warf Linken und Grünen vor, auf dem Rücken der Flüchtlinge einen Bundestagswahlkampf zu machen. "Das, was sie in den letzten Wochen gemacht haben, war eine Unverschämtheit gegenüber jedem Flüchtling." Es gebe keine Perspektive für diese Flüchtlinge in Hamburg. "Wer etwas anderes behauptet, spielt mit dem Schicksal der Flüchtlinge."

Über das persönliches Schicksal der Männer sind bislang lediglich Vermutungen bekannt. Sie sollen zu Zeiten von Staatschef Muammar al-Gaddafi als Wanderarbeiter in Libyen unterwegs gewesen sein und aus unterschiedlichen afrikanischen Staaten, so zum Beispiel aus Westafrika, Ghana, Mali und der Elfenbeinküste, stammen. Mit Beginn des Bürgerkrieges in Libyen hätten sie sich um ihre persönliche Sicherheit gesorgt, heißt es. Gegner Gaddafis hielten sie für Söldner der Regimes. Seit ihrer Flucht vor zwei Jahren wurden die Flüchtlinge zunächst in Sammellagern auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa untergebracht. Dort lebten sie nach eigenen Angaben unter "menschenunwürdigen" Bedingungen.