Parallel zum Kirchentag veranstalteten konfessionsfreie Organisationen den Deutschen Humanistentag in Hamburg. Vier Tage lang gab es ein buntes Programm.

Hamburg. Während draußen rund ums Heiligengeistfeld am Wochenende die mit blauen Schals ausgerüsteten Kirchentagsbesucher das Bild der Stadt prägten, sahen die Botschaften drinnen in dem Zirkuszelt der Fliegen Bauten etwas anders aus: "Gut ohne Gott", war da auf manchem T-Shirt zu lesen. Oder auch: "Gottlos glücklich". Infostände präsentierten Broschüren zu Themen wie Jugendweihe, Humanismus oder Patientenverfügung. Die nach einem auf den Scheiterhaufen verbrannten Philosophen benannte Giordano-Bruno-Stiftung war mit dem Slogan "Wissen statt Glauben" vertreten, ein Stand warb für das "bedingungslose Grundeinkommen", daneben informierte der "Facharbeitskreis der Beschneidungsbetroffenen": Parallel zum Kirchentag in Hamburg hatten verschiedene atheistische, konfessionsfreie und humanistische Organisationen auch zum Deutschen Humanistentag geladen. Vier Tage lang gab es dazu ein Programm aus verschiedenen Vorträgen und Talkrunden: Altbürgermeister Henning Voscherau (SPD) sprach beispielsweise über den "weltlichen Humanismus in Hamburg". Der frühere Hamburger Pastor Paul Schulz erklärte "warum ich Atheist geworden bin". Seine These: Den Menschen helfe kein Gott. "Den Menschen helfen nur verantwortungsbewusst handelnde Menschen", schreibt Schulz im Begleitheft des Humanistentages

"Wir wollen eine Lobby aufbauen, um dem Einfluss der Konfessionen auf den Staat etwas entgegensetzen zu können", sagt der Sprecher des Organisationsteams Konny Neumann zum Ziel der Tagung. Der frühere Leiter des Gymnasiums Farmsen selbst vertritt die Organisation Jugendweihe, die seit 1850 schon eine Alternative zur Konfirmation bieten will. Der Einfluss der Kirchen zeige sich an vielen Stellen, so Neumann. Durch Staatsverträge hätten sie beispielsweise Mitspracherechte in den öffentlich-rechtlichen Medien. Nicht aber die Konfessionsfreien, die eigentlich die Mehrheit in der Gesellschaft darstellen, wie Neumann sagt. Streikverbot in kirchlichen Unternehmen, Konfessionsbindung von Beschäftigten in sozialen Einrichtungen der Kirche, Beschneidung von Kindern ohne medizinischen Grund - das alles seien Dinge, die eigentlich mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen seien. "Wir wollen aber keinen Streit", sagt Neumann. "Uns geht es um den Humanismus. Und da gibt es eben einen weltlichen Humanismus wie einen christlichen oder einen muslimischen". Der gemeinsame Gegner, sagt Neumann, müsse der Fundamentalismus sein.

Dennoch verzichtete man auf dem Humanistentag nicht auf kleine Nadelstiche Richtung Kirche und Glaube: So nannte sich das musikalische Programm beispielsweise "Heidenspaß satt Höllenqual"; oder der Religionskritiker und Philosoph Michael Schmidt-Salomon las aus seinem Buch "Keine Macht den Doofen", in dem er provokant und spitz gerade fundamentalistische Erscheinungen aufgreift.

Doch es gab eben auch den Dialog: etwa am Freitag, als der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover mit Schmidt-Salomon auf der Bühne der Fliegenden Bauten diskutierte. Dabei ging es auch um die Kirche als Anbieter kommunaler Aufgaben. Kirchliche Kitas würden als Orte der weltanschaulichen Manipulation genutzt, sagte Schmidt-Salomon. Der Bischof erinnerte an sozialistische Staaten, in denen die Menschen zwangsweise säkular, also ohne Kirche leben sollten. Doch "die Hoffnung zu haben, obwohl nichts darauf hinweist", das sei ein wichtiger Beitrag, den Religion der Gesellschaft bringen könne, so der Kirchenmann als Erwiderung auf die atheistischen Thesen des Humanistentages, bei dem es dann zum Abschluss aber auch versöhnliche Töne Richtung Kirche gab. Zwar seien viele Werte des Humanismus wie die Menschenrechte gegen die Kirche erstritten worden, sagte Schmidt-Salomon bei der Abschlussrunde am Sonntag. Doch es gebe auch sehr viele gute Werte bei den Christen heute.

Eine Brücke zwischen den Weltanschauungen mit oder ohne Gott schlug auch Henning Voscherau in seinem Vortrag: Das Motto des Humanistentages "Gut ohne Gott" wäre anders besser formuliert gewesen: "Sei gut, handle gut, ob mit oder ohne Gott, auf den Menschen kommt es an."

2006 hatte es in Hamburg schon einmal einen Deutschen Humanistentag - den ersten - gegeben. Damals habe man erkannt, dass es eine bessere Zusammenarbeit der verschiedenen säkularen, also konfessionsfreien Vereinigungen geben müsse - aber erst 2013 nun gab es die Neuauflage. Die Resonanz mit rund 3500 Besuchern sei aber Ansporn, dass es künftig alle zwei Jahre eine solche Tagung geben könnte, sagt Organisator Neumann. Dass der Humanistentag 2013 ausgerechnet parallel zum Kirchentag stattfand, sei aber ein Zufall in der Planung gewesen. Neumann: "Allerdings ein glücklicher."