Hamburgs Bürgermeister ist tief beeindruckt. Uruguays Staatsoberhaupt José Mujica fährt einen Corsa und lebt äußerst genügsam. Scholz wurde mit den Ehren eines Staatsgastes empfangen.

Montevideo. Bis Mitte der 1980er-Jahre saß er als linker Guerrillakämpfer im Gefängnis der Militärdiktatur - heute residiert er im Präsidentenpalast von Montevideo. Dabei kann und will der uruguayische Präsident José Mujica mit Luxus gar nichts anfangen. "El Pepe", wie ihn die Uruguayos nennen, spendet jeden Monat neun Zehntel seines Präsidentensalärs von rund 9500 Euro. Den offiziellen Präsidentenwohnsitz hat er verkauft und von dem Geld Schulen bauen lassen. Als offizielle Staatslimousine nutzt er einen längst nicht mehr neuen Opel. "Die meisten meiner Landsleute müssen mit viel weniger auskommen", sagt der 77-Jährige. Und fügt hinzu: "Arm ist nicht, wer wenig hat, wirklich arm ist der, den es ohne Ende nach mehr und mehr verlangt."

So oder so: Wer in Montevideo lebt, der hat jedenfalls immer den Strand und die Sonne und das Meer und den Rio de La Plata. Der Empfang, den die 1,3-Millionen-Stadt Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und seinen Begleitern bereitete, war denn auch kaum noch zu überbieten. Schon beim Anflug verliebt man sich in diese Stadt, die die Hamburger Delegation mit milden 20 Grad und Sonnenschein erwartete. Auch der offizielle Empfang für Olaf Scholz konnte sich sehen lassen. Mit den Ehren eines Staatsgastes wurde der Bürgermeister empfangen, eine Motorradeskorte machte ihm den Weg frei zum Präsidentenpalast, in dem Mujica auf ihn wartete. Die halbstündige Fahrt führte am Strand entlang, vorbei an Surfern und Promenaden-Joggern zwischen Palmen entlang und mit dem freien Blick auf den glitzernden Rio de Plata, der genau hier zum Atlantik wird. Montevideo wirke auf ihn wie eine "sehr schön gelegene europäische Stadt Lateinamerikas", sagte Scholz denn auch für seine Verhältnisse fast überschwänglich.

Im modernen Hochhaus, in dem der Präsident arbeitet, wurde der Hamburger Bürgermeister mit rotem Teppich empfangen und durfte durch ein Spalier von Soldaten in historischen Uniformen schreiten, bevor ihn der vermutlich einzige Präsident empfing, der niemals eine Krawatte trägt und eine Karriere als Blumenzüchter hinter sich hat. Aber die Ehre des freundlichen Empfangs blieb nicht allein Scholz vorbehalten. Präsident Mujica begrüßte jeden Einzelnen aus der Hamburger Delegation mit Handschlag, vom Staatsrat bis zu den Sicherheitsleuten. Fast zwei Stunden lang diskutierte er danach mit Scholz über die Weltlage: von China bis zur allgemeinen politischen Philosophie, kaum ein Thema blieb ausgespart. Schon zu Beginn hatte Mujica dem Abendblatt gesagt, wie gut ihm Hamburg bei seinem Besuch vor zwei Jahren gefallen habe - "auch wenn das Wetter bei euch besser sein könnte". Nach dem Treffen grüßte er noch einmal in die Fernsehkameras "alle Menschen in Hamburg, meine Landsleute und alle Latinos, die dort leben, aber auch diejenigen, die kein Wort Spanisch sprechen - ganz besonders alle, die wie wir vom Hafen leben".

Scholz zeigte sich nach dem Treffen abermals tief beeindruckt von dem früheren Untergrundkämpfer der Tupamaros, den er bereits aus Hamburg kennt und der heute für einen pragmatischen, eher sozialdemokratischen Kurs der kleinen Republik steht.

Bei einem Abendessen auf Einladung des Vizeaußenministers Roberto Conde Carreras betonte Olaf Scholz am Abend, wie wichtig die Beziehungen Hamburgs zu der nur 3,5 Millionen Einwohner zählenden Republik seien. "Uruguay glänzt mit einem konstanten Wirtschaftswachstum und einer geschickten Wirtschaftspolitik. Mehr als 230 deutsche Unternehmen sind in Uruguay aktiv, mit 60 Vertretungen vor Ort, darunter 43 Hamburger Firmen", so Scholz. "Als eine der wachstumsstärksten Volkswirtschaften Lateinamerikas ist Uruguay ein wichtiger Kunde des Hamburger Hafens."

Deshalb wurde auch eine engere Kooperation vereinbart. Nachdem Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) den Chef der Hamburg Port Authority, Jens Meier, vorzeitig von der Reise abgezogen hatte (Abendblatt berichtete), unterzeichnete der Vertreter des Hafen-Marketings, Axel Mattern, die Vereinbarung. Dass Meier nicht mehr anwesend ist, kritisierten die Oppositionsabgeordneten Andreas Wankum (CDU) und Wieland Schinnenburg (FDP). "Heute hat Jens Meier besonders gefehlt", sagte Schinnenburg.

Am späten Donnerstag reiste die Delegation nach Buenos Aires weiter. Dort standen ein Treffen mit der Industrieministerin, ein Wirtschaftsforum und eine Diskussion zum Thema Smart Cities - zur intelligenten Entwicklung großer Städte - auf der Tagesordnung.