Der frühere Bürgermeister Ole von Beust plädiert für die Gleichstellung. Während die FDP für die rechtliche Gleichstellung ist, ringt die CDU noch mit sich, und die CSU ist dagegen.

Hamburg. Vor zwei Wochen hat der Bundesrat auch auf Initiative des SPD-geführten Senats einen Gesetzentwurf beschlossen, der die völlige rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe vorsieht. Die Ehe soll danach künftig vor dem Standesamt sowohl zwischen Mann und Frau als auch zwischen Partnern gleichen Geschlechts geschlossen werden können.

Jetzt ist der Bundestag am Zug. Während die FDP für die rechtliche Gleichstellung ist, ringt die CDU noch mit sich, und die CSU ist dagegen. Zuletzt hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Machtwort gesprochen und die Reformer gebremst. Die Koalition will nun zunächst ein für Sommer angekündigtes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Ehegattensplitting abwarten. Im Gespräch mit dem Abendblatt plädiert der frühere Bürgermeister Ole von Beust (CDU), dessen Homosexualität 2003 durch den damaligen Innensenator Ronald Schill öffentlich gemacht wurde, für eine zügige rechtliche Gleichstellung.

Hamburger Abendblatt: Die CDU streitet intensiv über das Für und Wider der Homo-Ehe. Sollen gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Ehe zwischen Mann und Frau rechtlich völlig gleichgestellt werden?

Ole von Beust: Ich halte diesen Schritt nicht nur aus taktischen Gründen für richtig, weil es vielleicht gut in die Zeit passt. Es spricht inhaltlich eigentlich alles für die Gleichstellung. Es ist doch so: Zwei homosexuelle Partner dokumentieren mit der Ehe, dass sie eine dauerhafte Bindung eingehen und Verantwortung füreinander übernehmen wollen. Es ist doch im Interesse des Staates, diese Einstellung zu unterstützen und zu fördern.

Warum tut sich die CDU so schwer mit dem Thema?

Von Beust: Zum einen geschieht das sicher aus Rücksicht auf die CSU, die vor einer Landtagswahl steht. Da will man das Thema vorher nicht angehen. Ich glaube aber nicht, dass das der richtige Weg ist. In Bayern leben doch keine hinterwäldlerischen Kleinstädter. Die Bayern sind nicht anders als die Menschen sonst in Deutschland. Ich meine, dass sich die CSU selbst keinen Gefallen tut, wenn sie die gleichgeschlechtliche Ehe so vehement ablehnt.

Es gibt doch aber auch Kritik innerhalb der CDU.

Von Beust: Es gibt Bedenken hinsichtlich der Stammwähler. Man will die Konservativen nicht vor den Kopf stoßen. Emotional mag die Ablehnung der Homo-Ehe aus deren Sicht ja nachvollziehbar sein. Aber was ist argumentativ aus konservativer Sicht dagegen zu sagen? Ich halte es mit dem britischen Premier David Cameron. Er hat gesagt: Ich bin für die Homo-Ehe, weil ich konservativ bin. Wer sich langfristig zu einem Partner bekennt, der handelt doch im Grunde konservativ.

Aber zu den konservativen Werten gehört doch in besonderer Weise auch der grundgesetzliche Schutz von Ehe und Familie.

Von Beust: Es gibt ungefähr 25.000 eingetragene Partnerschaften Homosexueller. Auf der anderen Seite werden es vermutlich zwischen 17 und 18 Millionen klassische Ehen in Deutschland sein. Mir kann keiner erzählen, dass diese 0,2 Prozent die klassische Ehe in ihrer Existenz gefährden. Das sind alles Bauchargumente. Wir leben doch in einer Zeit der Aufklärung, in der man die Dinge verstandesmäßig hinterfragen muss.

Gerade der als konservativ geltende Christdemokrat Wolfgang Schäuble hat sich dafür ausgesprochen, dass die CDU die Homo-Ehe erlaubt.

Von Beust: Ich schätze Wolfgang Schäuble, weil er klare Grundwerte hat, aber auch ein sehr nachdenklicher Stratege ist. Seine Sorge ist, dass die CDU gerade in den Großstädten nicht die richtigen Antworten auf aktuelle Herausforderungen hat. Die Lebenswirklichkeit der Menschen hat sich zum Teil von der CDU wegbewegt. Da müssen wir aufpassen, sonst landen wir in den Großstädten bei 20 Prozent.

Sehen Sie bei denjenigen, die die Homo-Ehe ablehnen, auch Ressentiments im Hintergrund?

Von Beust: Ressentiments gibt es zum Teil noch, denn letztlich sind es nur emotionale und keine rationalen Gründe, die gegen eine Gleichstellung sprechen. Mich ärgert zum Beispiel die häufig wiederkehrende Formulierung in diesem Zusammenhang, man wolle keinen bestimmten Lebenswandel diskriminieren. Homosexualität ist doch keine gewollte Lebensform, für die oder gegen die man sich entscheidet. Entweder man ist homosexuell, oder man ist es nicht. So einfach ist das.

Ich sehe außerdem mit Sorge, dass in Europa alte Ressentiments wieder erstehen. Das gilt für Einstellungen gegenüber Roma und Sinti, auch gegenüber Homosexuellen gerade in Russland und antisemitische Vorurteile in Ungarn. Es ist an der Zeit, dass wir gerade in Deutschland sagen: Mit uns nicht! Das gilt besonders für die CDU als christliche Partei.

Sollte die Bundesregierung jetzt zügig, auch noch vor der Bundestagswahl, die Einführung der Homo-Ehe beschließen?

Von Beust: Ja, auch mit Blick auf das erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Ehegattensplitting. Ein klarer Beschluss der Exekutive ist besser, als sich alles vom Gericht vorschreiben zu lassen.