Vor allem die Modedroge Crystal Meth macht den Fahndern Sorge. 30 Tonnen der gefährlichen Substanz wurden in Containern entdeckt.

HafenCity. "World Peace" heißt es in blauen Lettern auf den großen weißen Plastiksäcken, darunter: "Detergent Powder", übersetzt: "Waschpulver". Dass nicht immer drin ist, was draufsteht, ist eine Erkenntnis, die den Ermittlern vom Zollfahndungsamt Hamburg längst in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dass sich der Inhalt der Säcke, eine übel riechende Chemikalie, nicht zum Reinigen eignet, war ihnen auch schnell klar.

Zehn Tonnen des Stoffes hatten die Fahnder im Januar in einem Container aus China im Hafen aufgebracht, weitere 20 Tonnen wurden in den Niederlanden beschlagnahmt. Insgesamt 30 Tonnen eines zunächst harmlos wirkenden Stoffs namens Apaan, aus dem sich jedoch eine der gefährlichsten Drogen überhaupt gewinnen lässt: Methamphetamin, auch bekannt als Crystal Meth.

"Diese Menge hätte zur Herstellung von bis zu einer Milliarde Konsumeinheiten verwendet werden können", sagt die Chefin des Zollfahndungsamts, Sabine Heise, am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz des Zolls im Norden im Hauptquartier des Hauptzollamts Hamburg-Stadt an der Koreastraße nahe dem Maritimen Museum. "Dies entspricht einem Straßenverkaufspreis im zweistelligen Millionenbereich."

Die Fahnder vom Zollfahndungsamt Hamburg, die innerhalb des Zolls der Bundesfinanzdirektion Nord unterstellt und in allen fünf norddeutschen Bundesländern aktiv sind, sind Experten für schwere Wirtschaftskriminalität. Sie unterstützen ihre Kollegen beim Eintreiben von Zöllen und Verbrauchssteuern, überwachen EU-Subventionen und den sogenannten Außenwirtschaftsverkehr.

Neben den Ermittlungen gegen den Handel mit geschützten Tieren, Waffen, Plagiaten oder gefälschten Zigaretten (2012 wurden 67 Millionen Stück in 113 Ermittlungsverfahren beschlagnahmt) wird ihre Arbeit vor allem vom Kampf gegen Betäubungsmittel und illegale Arzneimittel bestimmt. Mehr als die Hälfte der Fälle betrafen diese Straftatbestände. Die Masse der beschlagnahmten Drogen: Khat (15 Tonnen) und Ecstasy (6000 Stück).

Weitere spektakuläre Fälle: Im Mai 2012 wurden in einem Lebensmittelcontainer aus der Türkei 255 Kilogramm Heroin entdeckt, der an den Besitzer eines Augsburger Imbisses adressiert war. Im Juli wurden zwei Deutsche an der Algarve gestellt, als sie ihre Segelyacht entluden. Sie hatten 180 Kilogramm Kokain per Schiff aus Südamerika nach Spanien bringen wollen. Im November wurde eine Drogenbande in Wilhelmsburg festgenommen, die 270 Kilogramm Kokain in acht Metallzylindern nach Deutschland schmuggelte. 1,1 Millionen Euro wurden beschlagnahmt.

Insgesamt leitete das Zollfahndungsamt im vergangenen Jahr 1200 Verfahren gegen 1600 Beschuldigte ein. Dies sei zwar ein Rückgang im Vergleich zu 2011, sagt Heise, allerdings hätten es die Ermittler immer öfter mit international organisierter Kriminalität zu tun - so wie im Apaan-Schmuggel-Fall. 107 Personen wurden 2012 festgenommen, 83 Haftbefehle vollstreckt.

Wie die Präsidentin der Bundesfinanzdirektion Nord, Colette Hercher, ausführte, erwirtschaftete der Zoll in ihrem Bereich 2012 insgesamt 40,8 Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Das sind zwei Milliarden mehr als noch im Jahr zuvor. An den bundesweit erzielten Steuereinnahmen des Zolls stelle der Norden damit mehr als ein Drittel. Die aufkommensstärksten Steuern waren die Energiesteuer und die Einfuhrumsatzsteuer. Allein das Hauptzollamt Hamburg-Stadt nahm Steuern und Zölle in Höhe von 20,5 Milliarden Euro ein, "es ist eines der einnahmestärksten Hauptzollämter bundesweit".

Crystal Meth, das schnell abhängig macht und den Körper eines Konsumenten in kürzester Zeit ruiniert, wird vor allem in kleinen Drogenküchen in Osteuropa hergestellt und im grenznahen Raum konsumiert. Dass Hamburg jetzt zu einer Drehscheibe von Crystal-Meth-Grundstoffen geworden ist, beunruhigt die Fahnder. Dass eine neue Drogenwelle nach Hamburg schwappen könnte, glauben sie jedoch nicht.

Doch die Apaan-Ladung war nicht der einzige Berührungspunkt: Im Januar dieses Jahres wurden bei einer 29-Jährigen in einem ICE auf der Fahrt von Hamburg nach Kopenhagen im doppelten Boden ihrer Handtasche 425 Gramm Crystal Meth entdeckt. Zwei Wochen später wurde ein 43-Jähriger festgenommen, auf der gleichen Strecke. Er hatte 330 Gramm der Droge in seiner Jacke versteckt.