Giveboxen, kleine Holzhütten am Straßenrand, erfreuen sich seit 2011 wachsender Beliebtheit in der Stadt. Dort kann zwanglos getauscht werden

Altona-Altstadt. An der Kreuzung Chemnitzstraße/Virchowstraße steht eine schmale Holzhütte. Vorn ist sie offen, ein schräges Plastikdach schützt den Inhalt vor Wind und Wetter. Ein Mann mit langen Haaren und Sonnenbrille schleppt eine Tüte mit Büchern heran. Eines nach dem anderen nimmt er heraus und stellt es in das Regal, das in der Holzhütte steht. Es ist schon so vollgestellt, dass er die Bücher stapeln muss. Neben Büchern liegen noch Schuhe, Klamotten und eine Lichterkette im Regal.

Die Idee, die hinter der Holzbude steckt, nennt sich Tauschkiste. Jeder kann Sachen, die er nicht mehr braucht, abgeben und dafür neue mitnehmen. In der Tauschkiste (auch Givebox genannt) gelten die Gesetzmäßigkeiten der Konsumgesellschaft nicht. Es ist auch möglich, nur zu nehmen, ohne etwas zu geben. Es gibt nur eine Regel: Die Dinge, die abgelegt werden, dürfen kein Müll sein. Nach dem Tauschkistenprinzip gibt es keinen Verwalter oder Besitzer. Die Box gehört allen.

An der Chemnitzstraße funktioniert das Tauschen bestens. Die Box ist aufgeräumt, es liegt kein Müll herum, und die Blusen hängen auf Bügeln an einer Kleiderstange. Die 58-jährige Aynosr Yanmaz wirft täglich ein Auge auf den etwas anderen Secondhand-Markt. Ihrem Schwiegersohn gehört der Kiosk gegenüber. Von dort aus beobachtet sie oft, wie Leute einen neugierigen Blick in die Box werfen, etwas mitnehmen oder dalassen. "Die Regale sind immer gut gefüllt", sagt sie. Eine "Kundin" war so begeistert, dass sie einen Liebesbrief an die Tauschkiste schrieb.

Darüber wird sich wohl besonders Tobias Filmar freuen. Der gelernte Tischler und Psychologe ist der Initiator der Tauschkiste an der Chemnitzstraße. Für die Aktion "Hamburg bist du" sucht der 33-Jährige immer wieder nach neuen Möglichkeiten, in Projektarbeit mit anderen zusammen gemeinnützige Dinge zu bauen.

Die Holzhütte an der Chemnitzstraße ist eine von mehreren Tauschboxen in Hamburg. Die erste Box wurde im September 2011 an der Ölmühle aufgestellt. Später kam eine weitere am Paulinenplatz dazu. Probleme gab es nur an einem Standort. Der Box an der Langenfelder Straße drohte das Aus. Sie war im öffentlichen Raum aufgestellt, und die Bezirksverwaltung lehnte den nachträglich gestellten Antrag für eine Sondernutzungserlaubnis ab. Ein Kioskbesitzer hat die Box zu sich geholt. Sie steht jetzt vor seinem Geschäft an der Kreuzung von Langenfelder Straße und Arnkielstraße - auf Privatgelände.