Der Hamburger Senat will noch im Sommer einen Vertrag mit den islamischen Gemeinden schließen. Diese müssen Grundwerten zustimmen.

Hamburg. Die langjährigen Verhandlungen zwischen dem Hamburger Senat und den muslimischen Gemeinden der Stadt stehen kurz vor dem Abschluss. Voraussichtlich im August soll ein Vertrag unterzeichnet werden, der spezielle Rechte und Pflichten der Muslime erstmals in Deutschland verbindlich regelt. Die Bürgerschaft muss das Vertragswerk, das es in ähnlicher Form auch mit der evangelischen und der katholischen Kirche sowie der Jüdischen Gemeinde in Hamburg gibt, allerdings noch beschließen.

Ein zentraler Punkt der Vereinbarung wird die zukünftige Gestaltung des Religionsunterrichts an den staatlichen Schulen sein. Dabei bleibt das erprobte Hamburger Modell eines gemeinsamen Unterrichts für Schüler aller Glaubensrichtungen erhalten. Nach jetzigem Stand der Verhandlungen soll die Verantwortung für den Unterricht, die bislang ausschließlich bei der evangelischen Kirche liegt, gleichberechtigt auf die muslimischen Gemeinden erweitert werden. Das schließt ein, dass auch Muslime Religionsunterricht erteilen können. Unabdingbare Voraussetzung ist jedoch, wie bislang schon, das Zweite Staatsexamen und damit die Befähigung zum Lehramt.

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Beide Seiten haben sich auf eine fünfjährige Prozessphase verständigt, in der die Konstruktion in der Praxis erprobt werden soll. Vorstellbar ist, dass ein Muslim den Religionsunterricht eigenverantwortlich erteilt, wie es jetzt Christen tun. Denkbar ist auch eine "Fensterlösung": Dabei kommt ein Muslim für mehrere Wochen in die Klasse, wenn der Islam das Thema ist.

An diesem interkonfessionellen Unterricht sollen im Prinzip auch die anderen Religionen teilnehmen können. Nach Informationen des Abendblatts hat allerdings der Vatikan eine Beteiligung der katholischen Kirche bereits abgelehnt.

Die heikle Frage, ob eine Lehrerin ein Kopftuch tragen darf, beantwortet der Vertrag nicht. Grundsätzlich gilt ein Diskriminierungsverbot für Frauen - in beide Richtungen. Das schließt ein, dass eine Frau wegen eines Kopftuchs oder Schleiers nicht benachteiligt werden darf. Bei der Berufsausübung darf eine Kopfbedeckung laut Vertrag getragen werden, wenn sie "keine ungerechtfertigte Beschränkung" darstellt.

Der Entwurf enthält auch die Verpflichtung auf den Grundwerte-Kanon des Grundgesetzes. Gutachten hatten den Vertragspartnern - dem Ditib Landesverband, der Schura, dem Verband der Islamischen Kulturzentren und der Alevitischen Gemeinde - den Status von Religionsgemeinschaften zuerkannt. Mindestens 100 000 Muslime leben in Hamburg, von denen die vier Organisationen 90 Prozent vertreten. "Die Vertragspartner sind als Religionsgemeinschaften anerkannt. Auf dieser Basis wollen wir die Verhandlungen zügig zu Ende bringen", sagte Senatskanzlei-Staatsrat Christoph Krupp (SPD).