Bauzeitverlängerungen beschäftigen Landgericht. Stadt will, dass Hochtief das Bauvorhaben bis spätestens Ende Februar 2012 realisiert.

Hamburg. "Ich bin als Zeuge geladen und sehe mich nicht auf der Anklagebank", hatte Pierre de Meuron, 61, vor seinem gestrigen Auftritt vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Elbphilharmonie gesagt. Die hartnäckige Befragung der Abgeordneten dürfte dafür gesorgt haben, dass sich der Generalplaner zeitweise doch wie ein Angeklagter gefühlt haben muss. Schließlich ging es weiter um die Frage, wer für die Kostensteigerung des Projekts verantwortlich ist.

Das ursprüngliche Elbphilharmonie-Konzept des Architekten Alexander Gerard sah vor, dass die Stadt nur das Grundstück zur Verfügung stellt und ihr ansonsten keine Kosten entstehen. War das realistisch? Pierre de Meuron: "Die Frage habe ich mir nicht gestellt."

Daraus wurde ein Pauschalfestpreis von 241 Millionen Euro plus ein Nachtrag 2008, der den Steuerzahler weitere 137 Millionen kostet. Diese bedenkliche Entwicklung der Kosten könnte vermuten lassen, dass die Bürger und Entscheidungsträger der Stadt erst nach und nach auf die Kosten von mittlerweile 378 Millionen (wovon bisher mehr als 60 Millionen Euro durch Spenden getragen werden) für das Projekt vorbereitet werden sollten. "Gab es eine solche Art von Strategie?", wollten die Parlamentarier von Pierre de Meuron wissen. "Nein, wir sind nicht diejenigen, die Kosten bewusst niedrig halten, damit Projekte bewilligt werden."

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Nachdem Pierre de Meuron in seiner 40-minütigen Einführung vor allem den Baukonzern Hochtief wegen fehlender Pläne und ständiger Geltendmachung von höheren Kosten immer wieder heftig attackierte, blieb er in der anschließenden Befragung eher einsilbig.

War das Scheitern des Projekts im Herbst 2006 wegen zu hoher Kosten eine reale Gefahr? De Meuron: "Ja."

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"Haben Sie vertragliche oder tatsächliche Freiräume zur Erreichung einer ,besseren Architektur' genutzt?" "Nein", sagt Pierre de Meuron. Wie kommt es, fragen die Abgeordneten, dass der Projektsteuerer Assmann sagte: "Diesen Freiraum nutzt der Generalplaner zum Teil auch für Abweichungen zum geregelten Vertragsinhalt im Sinne einer 'besseren Architektur'?" De Meuron: "Mit dem Wort ausnutzen kann ich nichts anfangen."

Die Parlamentarier halten dem Schweizer Architekten noch ein Zitat des Projektsteuerers vor: "Grundsätzlich wird die Kostenzielvorgabe von 210 Millionen Euro bei allen dem Generalplaner gestalterisch wichtigen Themen kaum verfolgt." Wie kann das sein? "Weiß ich nicht", sagte Pierre de Meuron. "Wir haben immer die Kostenzielvorgabe verfolgt." Erst als ihm eine Aussage von Heribert Leutner, dem Chef der städtischen Realisierungsgesellschaft vorgehalten wird, wird er konkreter. Leutner hatte intern geäußert, die Architekten seien nicht steuerbar, sie würden sich sogar aktiv widersetzen. "Das ist eine sehr überraschende Aussage. Wir boxen nichts durch und können zuhören", sagt de Meuron.

Heute befasst sich das Landgericht mit den Bauzeitverlängerungen. Die Stadt möchte festgestellt wissen, dass das Bauvorhaben bis spätestens Ende Februar 2012 fertiggestellt sein soll und dass Hochtief keinen Anspruch auf Bauzeitverlängerung habe.