Bei “Jugend im Parlament“ diskutieren 121 Nachwuchsparlamentarier eine Woche lang im Rathaus

Hamburg. Wenn die Politik schon nicht zu den Jugendlichen kommt, dann kommen die Jugendlichen eben zur Politik. Das hat sich Henrieke Max gedacht, als sie sich im Frühjahr für das Parlament bewarb. Jetzt sitzt die Schülerin vom Harburger Niels-Stensen-Gymnasium im Plenarsaal der Hamburger Bürgerschaft. Sie ist hier, um zu debattieren, zu entscheiden und Forderungen zu stellen. Bereits eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn hat sich die 17-Jährige einen Platz auf den lederbezogenen Holzbänken im Saal gesucht. Ein Kronleuchter taucht den getäfelten Raum in gelbes Licht. Henrieke hat sich viel vorgenommen für diese Woche. Sie sagt: "Wir wollen mehr Organisationen zur Förderung von sozialem Engagement, wir wollen, dass die Politiker in unsere Schulen kommen. Und wir fragen uns, wie man Tagesfahrkarten für Schüler und Azubis finanzierbarer machen kann."

Um das zu diskutieren und Antworten zu finden, ist Henrike ins Rathaus gekommen. So wie 120 weitere Jugendliche, eine ganze Bürgerschaft voll. "Jugend im Parlament" heißt die Veranstaltung, die zum 17. Mal im Rathaus stattfindet. "Es ist ein Planspiel", erklärt Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit bei der Eröffnung. Nur spielen, das wollen die Jugendlichen nicht.

"Ich möchte Politik machen, weil sie verbessert und verändert werden muss", sagt Jörg Ziesmann, 16, Schüler vom Gymnasium Oberalster. Der junge Mann hat sich auf seinen ersten Auftritt im Rathaus gut vorbereitet. Das Hemd ist gebügelt, das Jackett sitzt. Und welche Themen er bearbeiten will, weiß er auch schon genau: Bildung, Wohnungsbau und Umwelt. Eybind Vensko, 15, Zehntklässler des Johanneums, sieht das Ganze etwas lockerer. "Ich möchte einfach mal sehen, wie die Arbeit im Parlament funktioniert."

Bei "Jugend im Parlament" haben die Teilnehmer eine Woche lang die Möglichkeit, Gedanken und Standpunkte zu den wichtigen Themen Hamburgs auszuarbeiten und zu diskutieren. Sie bilden Ausschüsse, nutzen die Fachkompetenz der "echten" Abgeordneten und gestalten eigenverantwortlich Politik. Am Ende der Woche werden die Jugendlichen eine Resolution beschließen und sie der Bürgerschaftspräsidentin übergeben. "Was hier rauskommt, ist dann eine richtige Bürgerschaftsdrucksache", sagt Carola Veit. Aus der sich manchmal auch politische Entscheidungen ergeben. So wie bei der Forderung der Jugendlichen vor ein paar Jahren, dass Bahnen und Busse an den Wochenenden auch nachts verkehren sollten. Diese Forderung ans Parlament ist längst Realität.

"Die meisten, die hier mitmachen, engagieren sich später weiter in der Politik", sagt die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Peri Arndt. Ihr Vorname ist in dieser Woche Programm. Peri heißt "Fee" und als solche gute steht sie den Jugendlichen in dieser Zeit auch mit Rat und Tat beiseite. Sie hofft, dass der Funke bei den Jugendlichen überspringt und diese sich auch später politisch engagieren. So wie Robert Heinemann. Sein erster Kontakt mit dem Rathaus ging über "Jugend im Parlament". Heute ist Heinemann schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Und auch der GAL-Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin kam einst als Schüler in den Plenarsaal, um Politik zu spielen. Beide wollten sie etwas verändern. Die Jugendlichen wollen das auch. Und sie arbeiten daran wie richtige Politiker. Der einzige Unterschied: Sie haben nur eine Woche Zeit.