Wegen der guten Haushaltslage soll der Hamburger Senat auf Kreditermächtigungen verzichten. Tschentscher weist Forderung zurück.

Hamburg. Es erinnert ein wenig an den Fluch der guten Tat. Weil Hamburg bislang in diesem Jahr komplett ohne Kreditaufnahme ausgekommen ist, will die CDU dem SPD-Senat das Schuldenmachen nun ganz verbieten. Das kündigte CDU-Finanzexperte Roland Heintze vor den heute beginnenden Haushaltsberatungen der Bürgerschaft an.

Er stützt seine Forderung auf drei Zahlen: Erstens hat Hamburg im ersten Halbjahr 2011 einen Überschuss von 123 Millionen Euro erzielt. Zweitens geht der Haushaltsplanentwurf des Senats dennoch von einer Neuverschuldung von 650 Millionen Euro 2011 aus. Und drittens steht dem Senat noch eine Kreditermächtigung in Höhe von knapp 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung, die 2010 nicht ausgenutzt worden und daher auf 2011 übertragen worden war.

"Das alles passt nicht zusammen", sagte Heintze. "Es darf dieses Jahr keine Gesamterlaubnis von fast zwei Milliarden Euro für neue Kredite geben." Die CDU-Fraktion werde daher im Laufe der Haushaltsberatungen die Möglichkeit einer "Sperrung" der neuen 650-Millionen-Erlaubnis prüfen. Sollte das rechtlich nicht möglich sein, werde die Fraktion einen Antrag auf Streichung der Erlaubnis stellen. Beides müsste allerdings von der Bürgerschaft beschlossen werden und dürfte wegen der absoluten Mehrheit der SPD kaum Aussicht auf Erfolg haben.

Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) reagierte auf den Vorstoß entsprechend gelassen. "Wir freuen uns über jede steuerliche Entwicklung, die positiv ist", sagte er dem Fernsehsender Hamburg 1. Aber der Überschuss im ersten Halbjahr sei nur "eine Momentaufnahme, die sich am Ende des Jahres so nicht darstellen wird". Sein Sprecher Daniel Stricker sagte dem Abendblatt: "Eine Kreditermächtigung verpflichtet ja nicht zum Schuldenmachen. Selbstverständlich werden wir keine Kredite aufnehmen, die wir nicht brauchen." Ob zum Beispiel die Ermächtigung über 1,2 Milliarden angetastet werde, hänge davon ab, ob die für 2010 geplanten, dann aber verschobenen Projekte nun realisiert würden - und ob die Kosten dafür nicht durch laufende Einnahmen gedeckt seien. Ende 2011 verfalle die Ermächtigung jedenfalls ohnehin.

Nachdem die CDU schon ein Vorziehen des Schuldenverbots von 2020 auf 2015 gefordert hatte, reagierten SPD-Finanzpolitiker gereizt auf den erneuten Vorstoß. "Herr Heintze sollte sich selbst ein Forderungsverbot verordnen, anstatt alle zwei Tage alten Unfug in neuen Formulierungen zu präsentieren", sagte SPD-Haushaltsexperte Jan Quast. "Damit verspielt die CDU noch den letzten Rest an finanzpolitischer Reputation." Sein Kollege Thomas Völsch ergänzte: "Der Haushaltsplanentwurf des Senats basiert auf konkreten Annahmen wie der Mai-Steuerschätzung. Das kann man nicht alle paar Tage ändern." In vier Wochen könne die Lage eine ganz andere sein, das zeige die Entwicklung an den Finanzmärkten.

Hamburg hat immer noch keinen gültigen Etat für das laufende Jahr. Der Entwurf von Schwarz-Grün für den Doppelhaushalt 2011/2012 war wegen der Neuwahl im Februar nicht mehr ins Parlament gelangt. Nach der Wahl hatte der SPD-Senat das Zahlenwerk überarbeitet und Ende Juni der Bürgerschaft zugeleitet. Sie berät nun darüber und wird den Haushalt frühestens im November verabschieden.