Hamburg lässt 50 Häuser in Neuenfelde leer stehen, um Fluglärm-Klagen zu vermeiden. Jetzt soll ein Teil der Gebäude saniert werden.

Hamburg. Die Hasselwerder Straße in Neuenfelde: Schmucke Kapitänshäuser aus der Gründerzeit reihen sich vor dem alten Elbdeich auf, Vögel zwitschern, und Radler freuen sich über ein beschauliches Fleckchen Altes Land. Doch hier herrscht in Wahrheit nicht dörfliche Ruhe, sondern gespenstische Stille. Rund 50 Häuser stehen dort seit fast zehn Jahren leer, bei näherem Hinsehen erkennt man vergilbte Gardinen und vernagelte Eingänge. Das soll sich jetzt ändern, kündigt die Finanzbehörde an und bestätigt damit einen NDR-Bericht. Sie verspricht eine Sanierung, erst einmal allerdings nur eines Teils der Gebäude.

Im Vorfeld der heftig umstrittenen Airbus-Landebahn-Verlängerung hatte die Stadt den kompletten Straßenzug nahe der Dorfkirche vor etwa zehn Jahren aufgekauft. Seitdem werden die Häuser von der städtischen Wohnungsgesellschaft Saga/GWG verwaltet.

Bei Vermietung oder Verkauf befürchteten die Behörden Klagen der neuen Bewohner gegen den Fluglärm. Trotz immer neuer Anstöße blieb die Stadt über Jahre hart. Die Neuenfelder Bürgervertretung kritisierte hingegen, dass dem Ortskern und seinen Geschäften gut 200 Einwohner fehlen, dass ein ganzer Teil des Dorfs zur Geistersiedlung verkommen sei. Und dass Hamburg hier jeden Monat geschätzte 27 000 Euro Mieteinahmen in den Wind schreibt.

Im Januar dieses Jahres deutete sich dann bei den Hamburger Behörden ein Umdenken an wie die Regionalausgabe des Abendblatts, die Harburger Rundschau, schon berichtete. Jetzt bestätigt auch die Finanzbehörde den Willen zur Sanierung. Grund sei ein Gutachten, das die drei betroffenen Straßen hinsichtlich der Fluglärmbelastung in drei Zonen einteile. Elf der Häuser könnten nun saniert werden, so Behördensprecher Daniel Stricker. Zu den anderen Gebäuden gebe es noch "Klärungsbedarf", sagt Stricker.

Tatsächlich hatte die Saga auch für die anderen betroffenen Häuser Gutachten erstellt, wie Saga-Sprecher Michael Ahrens sagt: "Wir warten da jetzt auf die Entscheidung der Finanzbehörde." Die Bürgervertretung Neuenfelde-Francop-Cranz begrüßt die Kehrtwende sehr. "Endlich kann die Tristesse dort ein Ende haben", sagt Manfred Hoffmann, der für die Bürgervertretung seit Jahren schon für eine Wiederbelebung des Areals kämpft.

Die Sanierung müsse jetzt zügig umgesetzt werden - auch für die restlichen Häuser, fordert er. Und sollte sich herausstellen, dass ein Gebäude inzwischen doch zu marode geworden ist, müsse ein Neubau in ähnlicher Baustruktur erfolgen. Hoffmann: "Wir wollen dieses besondere Ambiente erhalten." Doch noch bleibe man wachsam in Neuenfelde, weil es bisher nur eine Ankündigung zur Sanierung gebe. Zudem gebe es Hinweise von Bürgern, die sich nach einer Anmietung dort erkundigt hätten, dass noch kein klares Nutzungskonzept vorliege.

Tatsächlich ist die Forderung nach einem Ende der Geistersiedlung allerdings schon sehr alt und auch Teil eines Vertrages. 2004 hatte der Neuenfelder Obstbauer Cord Quast nach monatelangen zähen Verhandlungen ein letztes Grundstück verkauft, das die Stadt im Tauziehen um die Produktion des Riesenfliegers A380 noch für eine Pistenverlängerung benötigte.

Schließlich unterzeichneten Quast und der damalige Chef der städtischen Realisierungsgesellschaft Rege in einem Notariat am Neuen Wall dann den entscheidenden Vertrag. Neben einer erklecklichen Kaufsumme hatte Quast auch einen 19-Punkte-Katalog ausgehandelt, der Neuenfelde vor weiteren Ansprüchen der Industrie schützen sollte.

Da geht es beispielsweise um ein Sperrgrundstück am Ende der Landebahn oder auch um den Bau eines neuen Deichradwegs. Einer der Punkte sieht auch die Wiedervermietung der leer stehenden Häuser rund um die Hasselwerder Straße vor - eine Forderung, die nun möglicherweise vor ihrer Umsetzung steht. Bürgervertreter Manfred Hoffmann: "Wir freuen uns deshalb jetzt sehr - aber wir behalten die Augen weiter offen, ob es tatsächlich vorangeht dort."