500 Muslime kommen zur Rede des deutschen Konvertiten Pierre Vogel. Pfiffe und Zwischenrufe von Gegendemonstranten aus Protest.

Hamburg. Zum Auftritt des umstrittenen Islam-Predigers Pierre Vogel in Hamburg hatten einige Zuhörer ihre traditionellen Gewänder angelegt. Vor dem zur Bühne umfunktionierten Lastwagen versammelten sich am Sonnabend neben vielen Jugendlichen in Freizeitkluft ein paar bärtige Männer im Thawb, der weißen arabischen Tracht. Manche Frauen trugen Kopftuch und die Abaya, das bodenlange Körpergewand. Einige auch den Niquab, den Gesichtsschleier. Daran entzündete sich der Zorn von Gegendemonstranten, bevor der selbsternannte Fundamentalist mit dem markanten roten Bart ans Mikrofon trat. "Das passt doch nicht zum Vermummungsverbot", beschwerten sie sich beim Hundertschaftenführer der Polizei, der abwiegelte: "Wir müssen auch Grundrechte wie Religionsfreiheit beachten."

Immer wieder unterbrochen von Pfiffen, "Freiheit"-Zwischenrufen einzelner Gegendemonstranten und dem vielstimmigen "Allahu akbar" (Gott ist größer) der rund 500 Muslime sprach Vogel fast zwei Stunden über die Liebe zu Allah, die Ungleichbehandlung der Frau im Islam, die Burka und Ehrenmorde. Vieles wirkte defensiv beschwichtigend. So fragte er die überwiegend jungen Männer, wer Ehrenmord für ein Verbrechen halte. Fast alle Arme gingen hoch. Rhetorisch geschickt kratzte Vogel an Inhalten, die ihm von den Behörden verboten worden waren. "Das Grundgesetz ist kein Glaubensdogma, es ist eine Hausordnung. Wer dagegen verstößt, kommt in Deutschland ins Gefängnis", sagte er und erklärte, dass Gottes Wort im Koran für einen Muslim wichtiger sein müsse. "Allah ist die Wahrheit. Basta." An anderer Stelle sagte er: "Jeder Muslim sollte ein Fundamentalist sein, es kommt auf dein Fundament an, wenn das gut ist, ist dein Fundamentalismus gut."

Später klagte der vom Verfassungsschutz beobachtete Prediger über den "Schwachsinn" der Auflagen. Er könne nicht über Afghanistan sprechen, weil er al-Qaida und Bin Laden nicht erwähnen dürfe. "Er ist ein rhetorischer Spieler, geht an die Grenzen, aber nicht darüber hinaus", sagte Manfred Murck, Vizechef des Hamburger Verfassungsschutzes gestern dem Abendblatt. Murck schätzt die Zahl der Salafisten in Hamburg auf 200. Dabei handelt es sich um Anhänger jener radikalen islamischen Strömung, der Vogel zugeordnet werden kann.

Der Ex-Boxer Vogel genoss seinen Auftritt am Sonnabend sichtlich, trank während der Rede einen Energydrink und machte Scherze. Er sprach mit ausladenden Handbewegungen. Scheinbar spontan rief er Freiwillige auf die Bühne und konvertierte sie zum Islam. Auf die Frage, ob noch jemand wolle, rief einer im Publikum: "Nein danke!" "Dich kriegen wir auch noch", gab Vogel zurück. Dann forderte der 32-Jährige, Angela Merkel, der Papst und Barack Obama mögen sich dem Islam zuwenden.

Am Rand diskutierten Muslime in kleinen Trauben mit Passanten - zum Teil sehr energisch. Zur Gegendemo der Partei Die Freiheit kamen laut Polizei 30 bis 40 Personen. Außerdem versammelten sich einige linke Demonstranten. Die Gegendemonstranten protestierten gegen den Prediger mit Transparenten, auf denen "Nein zum politischen Islam. Nein zu Rassismus" und "Make love not war" stand.