Der Wohnungsbau-Koordinator Michael Sachs will unbeliebte Quartiere aufwerten, um Szeneviertel wie die Schanze zu entlasten.

Hamburg. Das Ziel der Politik ist klar: Rund 6000 neue Wohnungen sollen pro Jahr in Hamburg gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) hat das in seiner Regierungserklärung noch einmal bekräftigt. Der Neubau allein wird das Problem aber nicht lösen - wer Hamburgs Wohnungsmarkt stabilisieren will, muss die Bestandsbewirtschaftung in Angriff nehmen. Das sagt Hamburgs Wohnungsbau-Koordinator Michael Sachs. Seit rund vier Monaten ist er im Amt und hat sich einen ersten Überblick verschafft, was zu tun ist und wo es hakt auf dem Hamburger Wohnungsmarkt.

"Wir können Ottensen nicht so verdichten, dass alle dort wohnen können, und wir können auch nicht die Schanze zubauen", sagt Sachs. Genau das sind aber die Quartiere, die in Hamburg besonders beliebt sind. Im Umkehrschluss bedeutet das für den Wohnungsbaufachmann: "Wir müssen an vielen Stellen der Stadt ähnliche Qualitäten schaffen wie in diesen beliebten Quartieren."

Sachs fordert neben solcher Bestandsbewirtschaftung wie der Förderung der "kreativen Quartiere", nicht die Entwicklung der Großsiedlungen und Randlagen aus den Augen zu verlieren. Die Programme der integrierten Stadtteilentwicklung müssten konsequent weitergeführt und mit genügend Geld ausgestattet werden. Andernfalls werde jeder, der es sich leisten kann, aus den weniger nachgefragten Quartieren ausziehen und den Druck in den beliebten Stadtteilen erhöhen.

Ein Schlüssel ist für Sachs neben Sport und Kultur die Bildung. Nach einem Umzug wegen des Arbeitsplatzes ziehen die meisten Menschen in Hamburg um, wenn ihre Kinder vermeintlich schlechtere Bildungschancen vor Ort haben.

"Hervorragende Bildungseinrichtungen in den Quartieren führen dazu, dass Familien bleiben, dass Umzugsketten vermieden werden, dass Qualitäten in den Stadtteilen entstehen", so Sachs. Alles was eine Stadt an Qualitäten in einem Quartier verliere, müsse sie an anderer Stelle wieder aufbauen und neu schaffen. "Das können wir uns schlicht nicht leisten."

Trotzdem setzt auch Sachs auf eine "innere Verdichtung" der Stadt. Und dabei auf eine Umwandlung von Gewerbe- in Wohnungsbauflächen. "Wir müssen den Menschen auch dort Wohnraum bieten, wo sie ihn momentan haben wollen." Und das sei in der Stadt. Dort stoßen Politik und Bauwirtschaft aber auf bestehende Strukturen. Seit der Bezirksverwaltungsreform 2006 löst das zunehmend Probleme aus. Zum einen, weil die Bauleitplanung allein in der Zuständigkeit der Bezirke liege. Zum anderen, weil die Politik den Bürgern die Möglichkeit gegeben hat, auch Bauvorhaben per Bürgerentscheid zu stoppen. Jüngst verhinderten Anwohner das Bürohaus "Hoheluftkontor" an der Hoheluftchaussee. Aktuell stellt sich eine Initiative gegen die Neubebauung der Elbtreppen (siehe S. 9).

Eine zweite Forderung des Wohnbau-Koordinators ist deshalb: "Alle politischen Parteien müssen umdenken, was die Frage der demokratischen Entscheidungsstrukturen angeht." Nur in einem Abwägungsprozess könne man Bauplanungen gemeinsam verändern und anpassen. "Eine Ja- oder Nein-Entscheidung eines Bürgervotums schließt einen solchen Prozess aus", sagt Sachs. Er empfiehlt deshalb, sich "Gedanken darüber zu machen, wie man diese Stadt regierungsfähig" halte.

Politik kann aber immer nur die Rahmenbedingungen schaffen. Bauen müssen die Investoren. "Sind Bauvorhaben zu sehr mit Auflagen belastet, sodass es wirtschaftlich schwierig wird, dann lassen Investoren es lieber sein", warnt Sachs. Als ehemaliger Vorstand von Saga/GWG weiß er, wovon er spricht. Oft gebe es unterschiedliche Erwartungen bei Verwaltung und Investoren. "Investoren brauchen klare, schnelle Entscheidungen", sagt Sachs.