Gegen die wilden Parker wird in der Hansestadt fast nichts getan. Die Polizei setzt andere Prioritäten, Bezirke haben zu wenig Mitarbeiter.

Hamburg. Sie verstopfen die Straßen und gefährden andere Verkehrsteilnehmer: Zweite-Reihe-Parker. Dass sich dieses Problem verschärft, ist bekannt. Ebenso wie die Forderung von Politikern, konsequent gegen Verkehrssünder vorzugehen. Doch die Stadt kapituliert offenbar im Kampf gegen die Falschparker. Für die Polizei haben andere Aufgaben Priorität. Und die Bezirke sehen sich nicht in der Lage, mehr Mitarbeiter des Bezirklichen Ordnungsdienstes (BOD) abzustellen. "Das ist personell nicht leistbar", sagt Kerstin Godenschwege, Bezirksamtssprecherin in Altona.

+++ Parken in zweiter Reihe: In diesen Straßen ist es besonders schlimm +++

Ähnlich äußert sich Lars Schmidt, Sprecher des Bezirksamts Mitte. "Wir haben nicht genug Mitarbeiter, um effektiver gegen das Parken in zweiter Reihe vorzugehen." Und das Abschleppen sei der Polizei vorbehalten. "Zwar ist geplant, das Personal aufzustocken, aber das hat nichts mit dem Zweite-Reihe-Parken zu tun." Hintergrund ist vielmehr der Plan des Senats, dass der Bezirkliche Ordnungsdienst jährlich 1,5 Millionen Euro Zusatzeinnahmen erwirtschaften soll. Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde, bestätigt: "Ein Konsolidierungsbeitrag der Bezirke soll sein, eine Einnahmeverbesserung über den BOD zu erzielen." Dass Falschparker bald vermutlich häufiger ein Knöllchen hinterm Autoscheibenwischer vorfinden, ist nur ein Nebeneffekt.

Vonseiten der Polizei ist ebenfalls nicht geplant, das Parken in zweiter Reihe schärfer zu ahnden. Der Grund lautet: Andere Aufgaben haben Priorität. "Die Polizei muss auf der Grundlage der personellen Ressourcen und der Entscheidung über Prioritäten agieren", sagt Polizeisprecher Andreas Schöpflin. Das Freihalten von Rettungswegen genieße etwa Vorrang. Für die Ahndung des ordnungswidrigen Verhaltens von Verkehrssündern bedeutet das: Alles bleibt beim Alten. Erwischt die Polizei einen Zweite-Reihe-Parker, wird dieser auf sein Fehlverhalten hingewiesen. "Zudem werden Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, und gegebenenfalls werden die Fahrzeuge abgeschleppt", sagt Schöpflin. Eine flächendeckende Kontrolle zu jeder Zeit an jedem Ort sei jedoch nicht leistbar.

Fakt ist aber auch, dass die Polizei damit rechnet, dass sich Schwierigkeiten mit den Falschparkern in den Ballungszentren künftig noch verstärken werden. "In Gegenden, in denen immer neue Wohn- und Geschäftsräume entstehen, zu denen keine ausreichende Anzahl an Parkplätzen geschaffen werden kann, ist eher mit einem Anwachsen des Problems zu rechnen", sagt Schöpflin. Zudem sei das Verhalten der Verkehrssünder als Schneeballeffekt zu sehen. "Je mehr Menschen in der zweiten Reihe parken, desto normaler erscheint es den anderen."

Dass die rücksichtslos auf der Fahrbahn abgestellten Autos inzwischen schon zum alltäglichen Stadtbild gehören, dafür gibt es viele Beispiele in Hamburg - vor allem in Gebieten mit zahlreichen Einzelhandelsbetrieben und hohem "Parkdruck". Nur die Bezirke Harburg und Bergedorf geben an, dass das Parken in zweiter Reihe bei ihnen nicht an der Tagesordnung stünde.

Anders als im Bezirk Eimsbüttel. Nach Angaben des Bezirksamts sind dort vor allem der Mittelweg, Eppendorfer Weg, die Osterstraße und Hoheluftchaussee betroffen. "Zudem taucht das Phänomen in verkehrsberuhigten Bereichen vor Schulen und Kitas auf", sagt Eimsbüttels Bezirkschef Torsten Sevecke. Eltern ließen ihre Kinder mitten auf der Fahrbahn ein- und aussteigen. "Das ist verantwortungslos."

Im Bezirk Altona behindern Verkehrssünder vor allem auf der Großen Elbstraße und im Ottensener Stadtgebiet den Verkehr. Bei der Großen Elbstraße liege das an der Umstrukturierung von einer Hafen- zu einer Stadtstraße", sagt Bezirksamtssprecher Nils Fischer. In Ottensen sei hingegen problematisch, dass der historisch gewachsene Stadtkern mit den schmalen Straßenquerschnitten der wirtschaftlichen Entwicklung des Quartiers nicht folgen könne. "Die Kurierdienste, aber auch der tägliche Anliefer- und Kundenverkehr finden keine Stellplätze mehr und parken deshalb in der zweiten Reihe."

Im Bezirk Nord sind unter anderem der Mühlenkamp, Hofweg und die Fuhlsbüttler Straße häufig durch Falschparker verstopft. Davon sind auch die Busfahrer betroffen, die häufig nur schwierig durch die Straßen rangieren können. "Das Problem nimmt zu, besonders in den Bereichen Winterhude und Uhlenhorst, durch die die Buslinie 6 fährt", sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. "Dieses Verhalten ist zutiefst unsozial", meint er.

Diese Meinung teilen auch die Politiker aus den Bezirken. Sie fordern, dass die Polizei strenger durchgreift. Der Wandsbeker SPD-Bezirksabgeordnete Lars Kocherscheid, Hans-Hinrich Brunckhorst von der Eimsbütteler CDU-Bezirksfraktion und Christoph Ploß von der CDU-Fraktion Nord wollen, dass die Polizei gerade an Brennpunkten gezielt und regelmäßig kontrolliert. "Nur so kann langfristig ein Erfolg erzielt werden", sagt Kocherscheid. Auch Hans-Hinrich Brunckhorst betont: "Eine stärkere Polizeipräsenz ist die einzige Lösung, um das Problem in den Griff zu bekommen." Appelle, denen kaum Taten folgen werden.