Bei den Sozialdemokraten in den Bezirken wächst der Unmut über die Kürzungspläne des Hamburger Senats im Kinder- und Jugendbereich.

Hamburg. Verständlicher lässt es sich wohl kaum formulieren: "Der Jugendhilfeausschuss lehnt die geplanten Kürzungen weiterhin ab." So steht es im interfraktionellen Antrag, der gestern in den Jugendhilfeausschuss des Bezirks Hamburg-Mitte eingebracht wurde. Gemeint ist das Sparvorhaben des SPD-Senats , der die Ausgaben der Bezirke für offene Kinder- und Jugendarbeit um zehn Prozent, also 3,5 Millionen Euro, kürzen will. Interessant, dass der Antrag nicht nur von der GAL und der FDP formuliert wurde, sondern zuallererst von der SPD im Bezirk.

Damit reihen sich die Sozialdemokraten in Hamburg-Mitte in den Widerstand ein, den schon Parteifreunde in anderen Bezirken gegenüber dem SPD-Senat formuliert haben. In der vergangenen Woche stimmte der Jugendhilfeausschuss Altona einstimmig, also mit der SPD, gegen die geplanten Kürzungen, die allein für den westlichen Bezirk etwa 800 000 Euro ausmachen. Schon Ende April hatte der Jugendhilfeausschuss im Bezirk Hamburg-Nord die Pläne abgelehnt - ebenfalls mit den Stimmen der SPD.

+++ Sparpläne der Sozialbehörde +++

+++ An der Basis grummelt es +++

+++ Jugendklubs und Spielhäusern droht das Aus +++

So kommt es zu der absurden Situation, dass die SPD auf Landesebene Beschlüsse fasst, die die SPD auf Bezirksebene durchsetzen muss, aber nicht will. "Natürlich sind wir nicht begeistert, wenn es zu harten Einschnitten kommt", sagt Thomas Domres, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Bezirk Nord. "Der Senat weiß, dass wir das nicht gut finden." Sie können es nicht gut finden, dass sie ausgerechnet bei Häusern der Jugend kürzen sollen, die sich um Kinder aus einkommensschwachen Familien des Bezirks kümmern. So etwas kommt beim Wähler nicht gut an, und die Trägerorganisationen der betroffenen Einrichtungen haben einen hohen Mobilisierungsgrad. "Wir werden nun mal im Bezirk gewählt", sagt Domres. Das sorge einfach für einen Dissens mit der Landesebene. "Aber das ist völlig normal. Den muss es geben dürfen", sagt er. Es müsse nun sehr intensiv und ausführlich über das Thema debattiert werden.

Auch Ralf Neubauer, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses im Bezirk Mitte, ist sich der unterschiedlichen Interessen zwischen Bezirk und Senat bewusst. "Damit müssen jetzt beide Seiten leben", sagt er. Dieses Phänomen habe es aber auch zu CDU-Zeiten gegeben. "Das hat also mit der Farbenlehre nicht viel zu tun." Vielmehr gebe es einen Grundkonflikt.

Wie der im Bezirk Mitte ausgefochten wird, ist noch nicht klar. "Seit elf Jahren gibt der Bezirk bei der Mittelumverteilung Geld an andere Bezirke in der offenen Kinder- und Jugendarbeit ab", sagt SPD-Fraktionschef Falko Droßmann. Etwa 1,7 Millionen Euro seien in dieser Zeit zusammengekommen. "Wir sind also das Sparen gewohnt." Noch ist für den Bezirk Mitte nicht klar, wo künftig gekürzt werden soll. Die Position gegenüber dem Senat macht die Mitte-SPD davon abhängig.

Letztlich können die Bezirke mit ihrer Missbilligung nur ein Zeichen setzen. Auf die Höhe der sogenannten Rahmenzuweisungen durch die Sozialbehörde haben sie keinen Einfluss. "Die Ablehnung hat keine Konsequenz auf das Vorhaben der Behörde", sagt Nicole Serocka, Sprecherin der Sozialbehörde. Die Bezirke müssten darüber hinausihre Jugendhilfeplanungen erstellen, um die übrigen 90 Prozent der Mittel zu bekommen. Ob einige Einrichtungen überhaupt kein Geld mehr erhalten oder alle ein bisschen weniger, müssten ebenfalls die Bezirke entscheiden.

Senatssprecher Christoph Holstein verteidigt die Regierungslinie so: "Wenn Mitarbeiter einer sozialen Einrichtung gute Arbeit leisten und diese wie bisher fortsetzen möchten, ist verständlich, dass sie das auch laut sagen. Gleichzeitig hat der Senat die Verantwortung, einerseits mit dem Geld der Steuerzahler ordentlich umzugehen und andererseits neue Dinge auf den Weg zu bringen, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung und in den Schulen." Das Konsolidieren und Investieren unter einen Hut zu bringen sei nicht leicht. "Aber es geht."

Auch Andreas Dressel, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion, bemüht sich, den Konflikt zwischen Bezirk und Senat möglichst klein zu halten: "Niemand verkennt, dass es schwierig ist für die Bezirke." Es habe deshalb intensive Gespräche über den Verteilungsprozess gegeben, "der schmerzlich" sei, wie Dressel zugibt.

Er verweist darauf, dass die ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen (GBS) ausgebaut werde. Dafür werde der Senat mit 115 Millionen Euro etwa 30 Millionen Euro mehr ausgeben als bislang. Zudem habe die SPD einen sogenannten Umsteuerungsfonds aufgelegt, der helfen soll, dass betroffene Träger ihr Angebot für Kinder und Jugendliche umstellen können. Und so haben die Jugendhilfeausschüsse auch darüber abgestimmt, nach Wegen zu suchen, wie die Mittel anderweitig aufgebracht werden und wie die Kooperationen mit Schulen im Rahmen der GBS aussehen können. Trotzdem lehnte der Jugendhilfeausschuss im Bezirk Mitte die Kürzungen gestern einstimmig ab.