Die FDP und Linke setzen einen Antrag in der Hamburger Bürgerschaft durch, das 543-Millionen-Euro-Projekt zu begutachten.

Hamburg. Der Rechnungshof soll nach dem Willen der Bürgerschaft untersuchen, wie wirtschaftlich es für die Stadt ist, die Hamburger Versorgungsnetze zurückzukaufen. Zwei entsprechende Anträge haben das Landesparlament passiert. Geprüft werden zwei Varianten: In der ersten geht es um den vom Senat angestrebten Anteil von 25,1 Prozent an den Strom-, Gas- und Fernwärmenetzen. Das würde 543,5 Millionen Euro kosten. In der zweiten Variante geht es um den kompletten Rückkauf der Netze von E.on und Vattenfall, den eine Initiative fordert und der bei einem Volksentscheid im kommenden Jahr durchgesetzt werden soll.

Heute stimmt der Haushaltsausschuss eine sogenannte Beschlussempfehlung ab, die den Rückkauf von einem Viertel der Netze vorsieht. Am 18. April soll die Bürgerschaft darüber abstimmen. Wie berichtet hatten Experten sich während der vergangenen Ausschusssitzung skeptisch gezeigt. Und so haben ausgerechnet Abgeordnete der Linken und der FDP in einem gemeinsamen Antrag gefordert, dass sich der Rechnungshof mit dem Kauf beschäftigen solle. Sie sahen Hinweise darauf, "dass kein wirtschaftlich fundiertes Bewertungsverfahren durchgeführt und die Garantiedividende zu niedrig angesetzt wurde". Mit genau dieser Dividende, welche die Energiekonzerne an die Stadt auszahlen, will Hamburg die Finanzierung dieses Projekts bezahlen.

+++ Volksentscheid über Netzkauf bei Bundestagswahl 2013 +++

Thomas-Sönke Kluth, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, kritisiert eine fehlende Transparenz bei dem Vorhaben. Der Senat habe die Bürgerschaft bislang nur unzureichend darüber informiert, wie der Kaufpreis von 543,5 Millionen Euro für die Beteiligung an den Netzgesellschaften ermittelt worden sei. "Sämtliche Sachverständigen waren daher während der Expertenanhörung nicht dazu in der Lage zu beurteilen, ob der Kaufpreis und die vereinbarte Garantiedividende angemessen sind. Der Senat erwartet von der Bürgerschaft also einen Blankoscheck von über einer halben Milliarde Euro", sagt Kluth.

Die SPD enthielt sich bei der Abstimmung über den Oppositionsantrag. Durchgekommen ist er dennoch - mithilfe des sogenannten Minderheitsrechts. Die Sozialdemokraten stimmten ihrerseits dafür, dass der Rechnungshof auch den kompletten Rückkauf prüfen soll. "Die Bürger sollten vor einem Volksentscheid über die finanziellen Folgen Bescheid wissen können", sagte SPD-Finanzexperte Jan Quast.

Der Rechnungshof soll nach dem Willen des FDP-Abgeordneten Kluth auch auf ein Prüfverfahren zurückgreifen können, das die Stadt durchführen ließ, eine sogenannte Due Diligence. Während dieses Verfahrens erhalten potenzielle Käufer Einsicht in die Bücher eines Unternehmens und können es somit auf Herz und Nieren prüfen. Immer wieder war in der Diskussion um den Netze-Rückkauf der Eindruck entstanden, es habe eine derartige Prüfung nicht gegeben. Laut einer Senatsantwort auf eine Anfrage von Kluth ist diese bereits durchgeführt worden. Dieser fordert nun, dass der Senat "die Ergebnisse der Due Diligence dem Rechnungshof vollständig zur Prüfung und Stellungnahme vorlegt".