Kriminalitätsstatistik 2011: Weniger Tötungsdelikte in Hamburg, aber fast 20 Prozent mehr Raubüberfälle im Bezirk Nord. CDU kritisiert Polizeireform

Hamburg. Durchschnittlich 627-mal pro Tag registrierte die Polizei in Hamburg 2011 eine Straftat, insgesamt 228 874-mal versuchten Diebe, Schläger, Randalierer oder auch Kriminelle, die sich daheim am Computer in Sicherheit wähnten, ihre Ziele mit illegalen Mitteln durchzusetzen. Die Gesamtzahl ist 1,8 Prozent höher als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote ist um 1,9 Prozent auf 44,3 Prozent gesunken.

Das Abendblatt hat die Zahlen für jeden Stadtteil zusammengestellt. Vergleiche mit dem Vorjahr sind für die Stadtteile Bergedorf, Allermöhe und Neuallermöhe nicht möglich. Grund ist die Gebietsreform im Bezirk Bergedorf Anfang 2011. Gegründet wurde damals der Stadtteil Neuallermöhe, der sich aus den ehemals zu Bergedorf und Allermöhe gehörenden Siedlungen Neuallermöhe-Ost und -West zusammensetzt.

Innensenator Michael Neumann (SPD) lobte: "Die Polizistinnen und Polizisten dieser Stadt haben erneut bewiesen, dass sie hoch motiviert und leistungsfähig sind. Auf die Polizei ist Verlass. Sie ist ein Garant für das hohe Sicherheitsniveau in unserer Stadt."

Eine herausragende Erkenntnis aus der Statistik: Das Risiko, Opfer eines Einbruchs zu werden, ist im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Neumann: "Das liegt auch daran, dass viele Hamburger ihre Häuser besser gesichert haben. In zwei von fünf Fällen gelang es den Tätern nicht, in die Wohnung einzudringen." Im Vergleichsjahr 2010 hatte Hamburg mit acht Prozent noch einen ungewöhnlich hohen Anstieg der Einbrüche verzeichnet.

Licht und Schatten registrierte die Polizei in der Gewaltkriminalität. Unter diesem Begriff sind Delikte wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung, gefährliche und schwere Körperverletzung und Erpressung zusammengefasst. Die Zahl der sogenannten Tötungsdelikte nahm von 77 auf 61 ab. Elf Opfer starben, 50 Angegriffene überlebten die Taten.

Erstaunliche, zum Teil aber mit einzelnen Tatserien erklärbare Veränderungen gab es bei Raubüberfällen. Im Bezirk Nord stieg die Zahl um 19,8 Prozent, in Bergedorf um 16,5 Prozent.

Die HafenCity holt auf: Die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen stieg dort um 300 Prozent, die Zahl aller Taten im Bereich Gewaltkriminalität gar um 400 Prozent - allerdings - und dies ist wichtig zur Einordnung - stieg die Zahl der Fälle auf gerade einmal 15. Wirklich sicher bleibt die Insel Neuwerk: Die Polizei verzeichnete im gesamten Berichtszeitraum exakt eine Straftat (Vorjahr: vier).

Aus Sicht des SPD-Innenexperten Arno Münster gibt die Statistik Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Münster: "Zwar ist die Gesamtzahl leicht gestiegen, gleichzeitig gibt es jedoch einen Rückgang in wesentlichen Kriminalitätsfeldern." Dazu gehörten Wohnungseinbrüche und die Jugendkriminalität. Dass die Aufklärungsquote bei nur 44,3 Prozent liege, habe auch mit der "Deliktsstruktur" zu tun, so Münster: "Fast die Hälfte der erfassten Taten sind Diebstähle, bei denen sich die Aufklärung schwierig gestaltet." Die Verstärkung der Polizeikommissariate um 100 Kräfte sei ein wichtiger Schritt, sagt Münster. "Wir sorgen für mehr Präsenz der Polizei auf der Straße."

Der CDU-Innenexperte Kai Voet van Vormizeele betont, dass die Statistik die Handschrift des entlassenen Polizeipräsidenten Werner Jantosch trage: "Die insgesamt gute Entwicklung ist Ergebnis einer Polizei, die zehn Jahre von CDU-geführten Senaten so aufgestellt wurde, dass sie den Herausforderungen der Kriminalität gewachsen ist. Umso mehr stellt sich die Frage, warum der Innensenator eine so erfolgreiche Polizei ohne Not einer großen Strukturreform unterziehen will." Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linken, sagt: "Keine einzige schwere Gewalttat soll bagatellisiert werden. Aber die nackten Zahlen widerlegen den oft erweckten Eindruck, dass Jugendkriminalität und Jugendgewalt zunehmen." Mehr Augenmerk auf Körperverletzungen fordert der FDP-Innenexperte Carl Jarchow: "Auch ein leichter Rückgang bei den Taten im öffentlichen Raum kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Problem verstärkt angegangen werden muss."