Gegner der Schulreform liegen in aktueller Umfrage knapp vorn. Nur jeder vierte Hamburger will zustimmen

Die aktuelle Meinungsumfrage zur Schulreform, bei der die Gegner des längeren gemeinsamen Lernens knapp vor den Befürwortern liegen, bringt es an den Tag: Der schwarz-grüne Senat hat die mehrheitliche Zustimmung zu seinem wichtigsten Reformprojekt - zumindest derzeit - verloren.

Rückblende: Unmittelbar nach dem Abschluss der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und GAL vor zwei Jahren hatte das Meinungsforschungsinstitut Psephos im Auftrag des Abendblatts die Hamburger zum ersten Mal zur Primarschule befragt. Im April/Mai 2008 nannten 16 Prozent das Vorhaben "sehr gut" und 36 Prozent "eher gut" - zusammen eine Mehrheit von 52 Prozent Zustimmung. Dagegen fanden 22 Prozent die Primarschule "eher schlecht" und 13 Prozent "sehr schlecht" - zusammen 35 Prozent Ablehnung.

Grafik: Würden Sie für oder gegen die Senatspäne stimmen?

Auch im November 2008, inzwischen waren mehr Details der Reform bekannt, überwog die Zustimmung. Dass alle Kinder in den ersten sechs Schuljahren gemeinsam unterrichtet werden, fanden laut Psephos-Umfrage damals 50 Prozent richtig und 40 Prozent falsch. Ein Jahr später - nach dem erfolgreichen Volksbegehren gegen die Primarschule - war die Stimmung gekippt: Im Dezember 2009 sagten 34 Prozent, sie würden beim Volksentscheid sicher für die Reform stimmen, 45 Prozent kündigten das Gegenteil an.

Auch jetzt, gut elf Wochen vor dem Volksentscheid am 18. Juli, liegen die Gegner mit 30 Prozent knapp vor den Befürwortern mit 25 Prozent. Aber der Anteil derer, die an der Abstimmung nicht teilnehmen wollen, ist auf 30 Prozent geklettert, 14 Prozent sind unentschieden (siehe Grafik). Ein Unterschied zum Dezember: Inzwischen werben alle vier Bürgerschaftsfraktionen - CDU, GAL, SPD und Linke - für die sechsjährige Primarschule.

"Es ist spätestens jetzt klar, dass es beim Volksentscheid ein knappes Rennen geben wird. Und deshalb ist wichtig, dass alle Reformbefürworter - auch alle Fraktionen - auf Touren kommen müssen", sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann. "Bisher ist die Gruppe der Feldspieler kleiner als die der technischen Berater. Das muss sich ändern."

Der GAL-Fraktionsvorsitzende Jens Kerstan sagt: "Wir als Teil des breiten Bündnisses aus Parteien, Verbänden und Bürgern werden engagiert für ein Ja zu einer besseren und gerechteren Schule werben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass am Ende eine Mehrheit für das längere gemeinsame Lernen stimmen wird."

Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn ist nicht verwundert über die große Zahl der Unentschlossen und derjenigen, die nicht abstimmen wollen. "Dass es eine Schulreform geben soll und wie sie aussieht, ist bei den Menschen vor Ort noch gar nicht angekommen", sagt sie. "Unser Job in der Kampagne ist es, die Hamburger davon zu überzeugen, dass es auch um Reformierbarkeit von Gesellschaft geht."

Für CDU-Fraktionschef Frank Schira spiegelt die Umfrage die Stimmungslage wider, die er selbst in Gesprächen wahrnimmt. "Wir wissen um die Kritiker im eigenen Lager. Wir werden ohne Schaum vor dem Mund für die Reform argumentieren." Er sei sich sicher, dass sich die Zahl der Teilnehmer am Volksentscheid schließlich noch erhöhen werde. "Es ist noch alles offen", sagt der CDU-Landesvize und Bildungsexperte Marcus Weinberg. "Wir müssen durch Aufklärung gerade unseren Wählern die Angst vor der Schulreform nehmen", so Weinberg. Die Union werde ihre Interessen an dem Projekt - die Aspekte Leistung und Chancengerechtigkeit - in den Mittelpunkt stellen.