Die Sozialdemokraten befürchten durch erhöhte Kita-Gebühren einen Vertrauensverlust der Eltern vor dem Volksentscheid zur Schulreform.

Hamburg. Mit Blick auf den Volksentscheid zur Schulreform im Juli hat die SPD den Senat aufgefordert, die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren zurückzuziehen. "Wenn wir den Volksentscheid gewinnen wollen, müssen uns die Eltern vertrauen", sagte SPD-Sozialexpertin Carola Veit in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft.

+++So teuer wird künftig die Kinderbetreuung+++

Der Senat, so Veit, sage mit seinen Plänen den Familien jedoch ins Gesicht: "Glaubt nicht, was wir euch jahrelang versprochen haben, von Kinderbetreuung und Entlastung." Das bedeutet im Klartext: Das durch die Schulreform ohnehin fragile Vertrauen vieler Eltern in die Politik dürfe nicht weiter strapaziert werden. Fraktionskollege Thomas Böwer warf dem Senat vor, den Kita-Kompromiss von 2003 aufgekündigt zu haben. Damals hatten sich Senat und SPD auf einen Ausbau des Kita-Angebots ohne Mehrausgaben für Eltern verständigt.

+++Das sagen Politiker zu den höheren Gebühren+++

Höhere Gebühren sind laut Veit nicht vermittelbar: Die 30 Millionen Euro, die dadurch im Laufe von zwei Jahren eingespart würden, "sind genau die Zinsen, die Ihre Elbphilharmonie künftig jährlich kosten wird", sagte die SPD-Politikerin. Das neue System sieht vor, dass die Betreuungs-Höchstsätze um bis zu 100 Euro und die Zahlungen für das Mittagessen von 13 auf 22 Euro pro Monat angehoben werden.

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Der CDU-Kitapolitiker Stephan Müller bezeichnete die geplanten Erhöhungen dagegen als "zumutbar". Es gehe darum, die finanziellen Folgen der Wirtschaftskrise gerecht zu verteilen. "Wer Verantwortung übernehmen will, ist gezwungen zu unpopulären Maßnahmen. Keiner tut das gerne", sagte Müller. Die Alternative wäre gewesen, die Gebühren für alle Familien zu erhöhen oder die Standards abzusenken.

"Bitter" seien die geplanten Erhöhungen, sagte auch Christiane Blömeke (GAL), aber "unvermeidbar, wenn man keine Abstriche bei der Qualität machen will". Blömeke bezeichnete es als "plump und unseriös", das Thema Kitagebühren mit der Finanzierung der Elbphilharmonie oder der Stadtbahn zu vermengen: "Die Mehreinnahmen fließen ausschließlich in den Ausbau des Betreuungssystems." Blömeke kündigte allerdings an, dass sich ihre Fraktion die geplanten Gebührenerhöhungen für Familien mit behinderten Kindern noch einmal genau ansehen werde.

Für den Linken-Abgeordneten Mehmet Yildiz sind die Gebührensteigerungen "sozial unausgewogen". So lehne die Linke eine Essenspauschale grundsätzlich ab, weil sie Familien mit geringeren Einkommen anteilig stärker belaste.

Anstelle von Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU), der im Urlaub ist, verteidigte Herlind Gundelach (CDU) das Sparkonzept: "Kindertagesbetreuung in Hamburg war noch nie so gut wie heute, und das wird sie auch bleiben", sagte die Wissenschaftssenatorin. Mit jährlich 450 Millionen Euro gebe die Stadt einen "stolzen Betrag" dafür aus. "Und wir wollen nicht weniger, sondern mehr in die Kita-Betreuung investieren, dieses Ziel ist nicht zum Nulltarif zu haben", sagte Gundelach, die von der Opposition wissen wollte: "Wie sollen diese Mehrkosten gedeckt werden?" Der SPD-Abgeordnete Thomas Böwer sagte süffisant, für den Senat verteidige ausgerechnet die Senatorin die 30-Millionen-Euro-Gebührenerhöhung, die "mal eben 500 Millionen Euro im Grasbrook versenkt", und meinte damit erste Kosten für den geplanten Teilumzug der Universität.